Bonität, Zahlungsweise, Versicherung - der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum gibt Tipps

30.08.2023. Wenn der Bauträger Insolvenz anmelden muss, kann schnell eine existenzgefährdende Situation für Käufer*innen von Immobilien eintreten. Gerade Verbraucher*innen sind hier gesetzlich nicht geschützt. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) bietet praktische, vorbeugende Tipps, um solche Krisensituationen zu vermeiden.

Es ist der Alptraum vieler Haus- und Wohnungskäufer*innen: Das geplante Haus bzw. die Wohnung wird nicht fertiggebaut, weil der Bauträger (manchmal auch als Projektentwickler bezeichnet) zahlungsunfähig wird. Jüngst hatte die Project Gruppe aus Nürnberg mit einer Insolvenzwelle von sich reden gemacht. Oft stehen die Bauenden dann vor einer schwierigen Entscheidung: Versuchen sie, das Projekt auf eigene Faust fertigzustellen, ist dies oft nur mit schwer kalkulierbaren Zusatzkosten, erheblicher Zeitverzögerung sowie einer nervenaufreibend hohen Verschuldung möglich. Gerade bei Wohnungskäufer*innen ist dies besonders kritisch, da sie das Gemeinschaftseigentum nicht einfach in Eigenregie fertigstellen können. Treten sie vom Vertrag zurück, erhalten sie nur einen Teil der geleisteten Abschlagszahlungen zurück, da die Insolvenzmasse nicht ausreichend ist.

Können Kaufinteressent*innen vorsorgen, damit es nicht dazu kommt?

„Da es keinen gesetzlichen Verbraucherschutz für diesen Fall der Fälle gibt, können sich Haus- und Wohnungskäufer nicht vollumfänglich davor schützen. Sie können den Krisenfall allenfalls abmildern“,  erklärt Gabriele Heinrich, Vorständin von Wohnen im Eigentum.

Darauf sollten Haus- und Wohnungskäufer auf jeden Fall achten:

Finanzielle Stabilität des Bauträgers prüfen

Als Prävention ist es zunächst wichtig, herauszufinden, ob ein Bauträger finanziell stabil ist. Dies ist allerdings nicht sicher zu ermitteln. Informationen gibt es unter anderem

  • in der Insolvenzdatenbank https://neu.insolvenzbekanntmachungen.de/ap/
  • über eine Bonitätsauskunft über den Bauträger:  Sofern ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden kann, besteht die Möglichkeit, zum Beispiel bei den Wirtschaftsauskunfteien Schufa, Creditreform, CRIF Bürgel u.a. Finanzinformationen über ein Unternehmen (sofern dieses im Handelsregister eingetragen ist) einzuholen.

Kaufunterlagen und Zahlungskonditionen rechtlich prüfen lassen

Bauträgervertrag, Teilungserklärung sowie die Bau- und Leistungsbeschreibung sollten im Hinblick auf rechtliche Fallstricke und benachteiligende Regelungen vor der Vertragsunterzeichnung geprüft werden, wenn möglich von fachkundigen Jurist*innen. Vor allem die Konditionen der Zahlungen sollten Kaufinteressent*innen genau unter die Lupe nehmen.

Wenn möglich: Verhandlungsspielräume nutzen!

Haus- und Wohnungskäufer*innen können mit dem Bauträger vereinbaren, dass die Abschläge mit einer Bankbürgschaft abgesichert werden. Die zu leistenden Zahlungen können auch mit einer so genannten Baugarantieversicherung abgesichert werden. Diese zusätzlichen Kosten müssen in der Regel dann die Käufer*innen übernehmen.

Nur Abschlagszahlungen leisten - keine Vorauszahlungen

Wichtig: „Leisten Sie nur die vereinbarten Abschlagszahlungen“, mahnt WiE-Rechtsreferent Michael Nack. Welche Raten der Bauträger in welchen Abständen einfordern darf, bestimmt sich nach der Makler- und Bauträgerverordnung (§ 3 II ). Mit jeder Fertigstellung  eines Bauabschnitts kann eine von bis zu sieben möglichen Abschlagszahlungen vereinbart werden. Vor jeder Zahlung sollten Haus- und Wohnungskäufer*innen prüfen, ob die vertraglich vereinbarten Leistungen auch wirklich erbracht worden sind. „Fordert ein Bauträger während der Bauphase unerwartet Zusatz- oder Sonderzahlungen, sollten Sie misstrauisch werden“, so Nack.

Baufortschritt im Blick haben

Zudem ist wichtig, den Baufortschritt im Blick zu behalten. Sollte die Baustelle ohne Begründung stillstehen, kein neues Material mehr geliefert werden oder der Bauleiter nicht mehr erreichbar sein, sollten Käufer*innen hellhörig werden. Dann wird es Zeit, Expert*innen wie Architekt*innen, Bauingenieur*innen oder Bausachverständige hinzuzuziehen. „Gegebenenfalls können Käufer*innen dann ihre Abschlagszahlungen zurückhalten“, sagt Nack, „dies sollten sie aber vorher rechtlich prüfen lassen.“

WiE fordert gesetzlichen Insolvenzschutz für Verbraucher*innen

WiE sieht zwei gesetzliche Optionen für einen deutlich besseren Verbraucherschutz: Entweder verzichtet der Bauträger bis zur Bezugsfertigkeit und zur Übergabe auf Abschlagszahlungen der Käufer*innen oder er sichert die Abschlagszahlungen – beispielsweise mit einer Versicherung - ab, wenn er auf die Abschlagszahlungen während der Bauphase nicht verzichten möchte. Diese Absicherung sollte laut WiE zumindest bei Bauträgerverträgen Pflicht sein, bei denen die Käufer*innen Verbraucher*innen sind.

Diese Forderung entspricht den Vorschlägen für ein Bauträgervertragsgesetz, das die Arbeitsgruppe Bauträgervertragsrecht (an der auch WiE beteiligt war) bereits 2019 für das Bundesjustizministerium (BMJ) erarbeitet hat, das aber bisher nicht umgesetzt wurde. Ein Gesetzentwurf wurde nicht erarbeitet. Näheres lesen Sie in der WiE-Stellungnahme.

Weitere Informationen zum Thema und hilfreiche Tipps finden Kaufinteressent*innen in der WiE-Checkliste „Kauf vom Bauträger“: https://www.wohnen-im-eigentum.de/sites/default/files/PDF/check_wohnungskauf_bautraeger_2021.pdf