20.02.2024. Am 19. Februar 2024 fand die öffentliche Anhörung von Expert*innen zum Thema Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes statt. WiE-Vorständin Gabriele Heinrich war von der SPD-Fraktion als Sachverständige benannt. In der Anhörung wurde deutlich: Ob Wohnungseigentümerversammlungen künftig ausschließlich virtuell stattfinden sollen, wenn eine 3/4-Mehrheit der abstimmenden Eigentümer*innen es möchte, ist unter Sachverständigen umstritten. Zur Privilegierung von Steckersolargeräten (Balkonkraftwerke) im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht gab es Zuspruch seitens der Sachverständigen.

WiE-Vorständin Gabriele Heinrich machte in der Anhörung deutlich, dass mit der Neuregelung zur virtuellen Eigentümerversammlung neue Probleme geschaffen anstatt Probleme gelöst würden. Es bestehe die große Gefahr der Ausgrenzung älterer, schwerhöriger oder technik- beziehungsweise bildungsfernerer Eigentümer*innen. Statt der Förderung der „Gemeinschaft“ der Eigentümer werde die Spaltung der Wohnungseigentümergemeinschaften befördert. Heinrich verwies auf die Möglichkeit der hybriden Versammlung.

Deutliche Unterstützung gab es zum einen von Oliver Elzer, Richter am Kammergericht in Berlin. Er sprach von einem Zwang zur Online-Versammlung. Durch eine virtuelle Versammlung würden viele Wohnungseigentümer*innen von der Verwaltung ihres wichtigsten Wirtschaftsgutes ferngehalten, sagte er. Für den damit verbundenen großen Demokratieverlust sei ein ausreichender Grund nicht erkennbar, befand Elzer. Die Überlegung der Bundesregierung, dass sich Wohnungseigentümer*innen ohne eine erforderliche Technik oder „Digitalkompetenz“ durch Verwandte oder Freunde unterstützen lassen sollen, vermochte er nicht zu folgen. Die Unterstützung durch Verwandte oder Freunde würde regelmäßig einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit darstellen, führte der von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige aus.

Auch Rechtsanwalt Urs Taube formulierte erhebliche Bedenken. Der Entwurf der Bundesregierung verabschiede sich scheinbar ganz nebenbei von zwei zentralen, absolut herrschenden Rechtsgrundsätzen im Zusammenhang mit Eigentümerversammlungen, sagte er. Der eine sei, dass das Recht des einzelnen Eigentümers an der Teilhabe am Entscheidungsfindungsprozess in der Eigentümerversammlung zum Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte des Wohnungseigentums gehöre und grundsätzlich unentziehbar sei. Der zweite betreffe die grundsätzliche Nicht-Öffentlichkeit der Wohnungseigentümerversammlung. Diese bezwecke, „dass die Versammlung von fremden Einflüssen frei bleibt und außenstehende dritte Personen die Meinungsbildung nicht beeinflussen können“, so der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannte Experte.

Aus Sicht von Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, sei die Ausweitung hin zu einer rein virtuellen Versammlung zwar ein konsequenter und zumindest mittelfristig auch notwendiger Schritt in die digitale Zukunft, der grundsätzlich begrüßt werde. Es sei jedoch fraglich, ob es nicht noch immer eine erhebliche Anzahl an Eigentümer*innen gibt, die nicht über die technischen Möglichkeiten oder das Verständnis zur Teilnahme an einer rein virtuellen Eigentümerversammlung verfügen. Daher plädiere der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige dafür, die virtuelle Eigentümerversammlung nur mit einstimmigem Beschluss zuzulassen, wie es auch der Bundesrat fordere.

Die Aufzeichnung der Anhörung sowie weitere Informationen zu den Positionen der Sachverständigen finden Sie auf der Seite des Bundestages.

Umfangreiche Hintergrundinfos zum Thema gibt es auf unserer Übersichtsseite "Streitpunkt:Reine Online-Eigentümerversammlung".