Bericht vom Runden Tisch der Münchener WiE-Mitglieder am 11. Juli 2016:

Nicht ordnungsgemäße Verwaltung verursacht höhere Sanierungs-Kosten und bringt Streit in die Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Soll das gemeinschaftliche Eigentum in Schuss gehalten und modernisiert werden, stellt das Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) vor Herausforderungen: Sie müssen sich über Ablauf, Maßnahmen und Kosten informieren und einigen, wirksame Beschlüsse treffen und diese mithilfe einer hoffentlich fähigen Verwaltung kostenbewusst und nach Zeitplan umsetzen. Was dabei schief gehen kann, berichtete Verwaltungsbeirat Rainer Dietz beim Runden Tisch der Münchener WiE-Mitglieder am 11. Juli 2016 anhand eigener Erfahrungen seiner 60-Parteien-WEG in Grünwald, Baujahr 1973. Mögliche bessere Wege und Lösungen standen dann im Zentrum der Diskussion von engagierten Wohnungseigentümern und Verwaltungsbeiräten.

 


 

„In unserem Fall geht es um Dachterrassen- und Flachdachsanierungen, die unsere WEG zwischen 2009 und 2014 durchführen ließ. Es kam im Verlauf der Zeit zu Kostensteigerungen von mehr als 100 % gegenüber den ersten Sanierungen in 2009. Insgesamt ließ sich der Schaden für die Wohnungseigentümer auf ein intransparentes, einseitig vorgegebenes, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechendes Vorgehen des Verwalters zurückführen. Dies wurde auch in 5 Beschlussanfechtungen vom Gericht voll bestätigt.

Leider ist es auch uns engagierten Eigentümern nicht gelungen, rechtzeitig dagegen einzuschreiten und sinnvollere Beschlüsse herbeizuführen. Ich habe 35 Jahre Erfahrung als Verwaltungsbeirat in 2 WEGs. Nach anfänglichem eher gutgläubigem, nahezu naivem Vorgehen ist mir dann klar geworden, dass man gerade als Beirat auch viele Kenntnisse im Wohnungseigentumsrecht braucht und sich Wissen über seine Aufgaben, Rechte und Pflichten als Verwaltungsbeirat aneignen muss.

Es gab viele Fehler bei der Sanierungsplanung und -durchführung: So wäre wichtig gewesen, der WEG verschiedene Sanierungsvarianten vorzustellen – von einfacher Instandsetzung (Reparatur), über Modernisierungsvorschläge mit eventuellen baulichen Veränderungen bis hin zu aufwendigen Maßnahmen unter Beachtung umfangreicher Sicherheits-, Lärm- und Brandschutzvorschriften sowie der Energieeinsparverordnung (EnEV). Hierbei war uns nicht klar, ob wir aufgrund des Gebäudealters Bestandsschutz haben oder all diese Anforderungen erfüllen müssen.

Aufgrund fehlender Sanierungsvarianten konnten wir auch nicht darüber diskutieren, ob wir Wohnungseigentümer eine Sanierung nach Marke Polo, Golf, BMW oder Mercedes haben wollten. Über solche Varianten hätten wir abstimmen müssen. Schließlich möchte ich keine betrügerischen Absichten oder Vorteilsnahme unterstellen, jedoch hatten die Vorgänge mehr als ein 'Geschmäckle'. Denn immer wieder wurde derselbe Bauunternehmer beauftragt. Es gab zwar eine Ausschreibung, aber diese schien eher eine Alibifunktion zu haben.

Beanstandete Vorgehensweisen bei 2 Sanierungen (Dachterrasse und Flachdach):

  • lange verschleppte Sanierung (Wasserschaden), schließlich nach unordentlicher Vorbereitung unter ‚Druck‘ beschlossen
  • Beschluss zur Sanierung ohne Ankündigung in der Einladung zur Eigentümer-versammlung (*1, Verstoß gegen § 23 Abs. 2 WEG)
  • unzureichende Bestandsaufnahme (*1)
  • ungenügende Information über Reparatur- oder Sanierungsmöglichkeiten und damit nicht ausreichende Entscheidungsgrundlage für Beschlüsse (*1)
  • keine Kosten-Nutzen-Analyse bezüglich verschiedener Sanierungsvarianten (*1)
  • Auftragsvergaben teilweise ohne Beschluss (Info unter ‚Sonstiges‘) (*1)
  • Auftragsvergaben ohne Kostenobergrenzen (*1)
  • ungenügende Anzahl von Angeboten (*1)
  • beauftragte Dachdeckerfirma gab auf ein Leistungsverzeichnis ein Angebot ab ohne ausreichende Baustellenkenntnisse (Scheinangebot?)
  • kurzfristiger Austausch einer bereits per Beschluss beauftragten Dachdeckerfirma
  • Verwalter machte zur Beschlussfassung zu Unrecht von Vollmachten Gebrauch, die ausdrücklich auf bestimmte Bevollmächtigte ausgestellt waren (*1)
  • unzulässiger Finanzierungsbeschluss einer umfangreichen Beauftragung zur Dachsanierung aus Mitteln einer Instandhaltungsrücklage, die ursprünglich für eine Kanalsanierung vorgesehen war (*1)
  • unbestimmter und somit nichtiger Zweitbeschluss zur Sanierung (*1)
  • trotz eingeleiteter Beschlussanfechtungen wurden 2 Sanierungen über einen längeren Zeitraum mit aufeinander aufbauenden Beschlussanträgen fortgeführt, die zwangsläufig weitere Beschlussanfechtungen ergaben.
  • Abnahmeprotokolle konnten trotz Nachfrage nicht vorgelegt werden
  • eine bauliche Veränderung an der Dachterrasse (*1) ist als Mangel noch vorhanden
  • „Geschmäckle‘ im Zusammenhang mit Auftragsvergaben

*1) Gerichtsurteil

Dieses Vorgehen veranlasste mich dann, gerichtliche Schritte zu unternehmen. Da die Verwaltung natürlich wie gehabt weiterarbeitete, waren vier Beschlussanfechtungen zur Bausanierung und eine zur Jahresabrechnung erforderlich. Alle Prozesse haben wir schließlich gewonnen - und trotzdem hat die WEG viel Lehrgeld gezahlt.

Die Sanierungen einer Dachterrasse und eines Flachdaches wurden trotz Beschlussanfechtung und gerichtlicher Aufhebung der Beschlüsse ‚durchgezogen‘. Die angefallenen Sanierungskosten machten mehr als das Doppelte der entsprechenden Sanierungen in 2009 aus. Vorplanungskosten für einen Sachverständigen von über 30.000 Euro sind angefallen. Die Beschlüsse dazu wurden vom Gericht nachträglich aufgehoben.

Die Zusammenarbeit mit der Hausverwaltung wurde vorzeitig beendet. Die Sanierung weiterer Dächer wurde vorübergehend gestoppt und soll nun mit einer neuen Hausverwaltung unbeeinflusst von der Vorgeschichte neu angegangen werden. Große Erwartungen und Hoffnungen werden nun in die neue Verwaltung gesetzt. Sicher werden die bisherigen Erfahrungen in die Zusammenarbeit mit der neuen Verwaltung einfließen.

Folgende Fragen stellt sich unsere WEG heute im Zusammenhang mit Sanierungen:

  • Sind die derzeitigen Sanierungskosten noch wirtschaftlich vertretbar?
  • Die hohen Sanierungskosten machen Vermietung unwirtschaftlich oder für ärmere Eigentümer nahezu unbezahlbar.
  • Die neuen hohen Sanierungskosten werden mit den neuen Verordnungen und Vorschriften wie EnEV, Sicherheit-, Brand- und Lärmschutz begründet. Die Eigentümer zahlen, wer profitiert noch davon?
  • Gibt es Absprachen zwischen Hausverwaltungen, Sachverständigen, Ingenieurbüros und Handwerksfirmen?

 


 

Seine Erfahrungen an andere WEGs und Verwaltungsbeiräte weiterzugeben, findet Rainer Dietz wichtig. Hierfür nutzt er den Austausch, den ihm die Mitgliedschaft bei Wohnen im Eigentum e.V. ermöglicht. Den WiE-Ratgeber „Modernisierungs-Knigge“ lobte der Verwaltungsbeirat als nützliche Arbeitshilfe rund um die Sanierung für jede WEG.

Das Fazit, das auch Sie als Wohnungseigentümer wachzurütteln soll:

  • Sanierungen sollten rechtzeitig besprochen, geplant und ordentlich durchgeführt werden.
  • Die Verwaltung sollte bestmöglich informieren und beraten.
  • Größtmögliches Kostenbewusstsein ist von den Verwaltern einzufordern.
  • Es ist das Geld der Eigentümer, das verwaltet wird!
  • Nicht die Verwaltung, sondern die Eigentümer müssen den Umfang und die Ausführung der Sanierungen per Beschluss festlegen.