07.05.2020. Um Modernisierungstaus im Wohnungseigentum abzubauen, braucht es einfache Mehrheiten für bauliche Veränderungen und handlungsfähige, starke Verwalter – so der Tenor der Redner von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei der 1. Beratung des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) am gestrigen Mittwoch im Deutschen Bundestag. Die CDU/CSU sieht noch Verbesserungsbedarf. Die FDP hingegen kritisiert den Gesetzentwurf scharf und brachte einen eigenen Antrag für eine Beschränkung der Verwalterbefugnisse und mehr Digitalisierung ein. Die Linke sieht vor allem den Mieterschutz gefährdet. Die AFD lehnt den Gesetzentwurf umfassend ab.

Kommentar von Wohnen im Eigentum: Das letzte Wort zu den fragwürdigen Änderungen im WEModG zum Nachteil der Wohnungseigentümer ist damit noch nicht gesprochen. Wir appellieren an den Rechtsausschuss des Bundestags, die Bedenken der Verbraucherverbände, des BGHs, des Deutschen Richterbunds und des Deutschen Anwaltsvereins nochmals zu sichten und ernst zu nehmen!

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht brachte den Reformentwurf ein und verwies dabei auf seine wesentlichen Ziele: Erleichterungen bei der Gebäudemodernisierung, eine einfache und effiziente Verwaltung sowie den Abbau von Rechtsstreitigkeiten. Ein Videomitschnitt der Debatte steht auf der Internet-Seite des Deutschen Bundestags bereit. Hier ein Überblick der Positionen der einzelnen Parteien zur geplanten Neuregelung:

CDU/CSU: Einfluss der Eigentümer sichern, Umlaufbeschlüsse erleichtern, Verwaltungsbeirat stärken

Dr. Jan-Marco Luczak findet im Gesetzentwurf „schon einiges gut geregelt“, um die Wohnungseigentümergemeinschaften handlungsfähiger zu machen.

  • Er sprach sich aus für einen starken Verwalter mit klar umrissenen Aufgaben und Befugnissen. Diese Stellung verlange jetzt nach der Einführung eines Sachkundenachweises für Verwalter.
  • Die Bedenken gegen die neue Verwalterstellung will er ernst nehmen und noch „sehr genau anschauen“, wie der Einfluss der Eigentümer zu sichern sei. Mit der Möglichkeit, Verwalter jederzeit ohne Grund abzubestellen, sei ihnen bereits „ein scharfes Schwert“ in die Hand gegeben.
  • Diskutiert werden müsse unter anderem noch über Umlaufbeschlüsse mit einfacher Mehrheit.
    Sein Fazit: Die CDU wird sich die notwendige Zeit für das Gesetz nehmen, nichts überhasten.

Sebastian Steinecke beurteilte den Gesetzentwurf mit: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Es gelte nun, eine gute Vorlage noch zu verbessern.

  • Umstritten sei noch die vereinfachte Beschlussfassung über bauliche Veränderungen.
  • Die Eigentümerversammlung werde aufgewertet. Hinsichtlich der Digitalisierung „geht noch viel mehr“.
  • Befürchtungen stünden im Raum, dass Verwalter zu stark würden. Aber am "Endes des Tages" sollen Verwalter „schnell und effizient für die Eigentümer handeln“ können. Der Sachkundenachweis müsse kommen, über ein Verwalterregister könne man nachdenken.
  • Geredet werden müsse zudem über mehr Informations- und Beteiligungsrechte für den Verwaltungsbeirat.

Dr. Volker Ullrich ergänzte, dass der Gesetzentwurf

  • auf die „drei wichtigen Trends unserer Zeit“ ausgerichtet sei, nämlich Klimaschutz, Digitalisierung und eine seniorengerechte Gesellschaft.
  • Zu begrüßen sein die Weiterentwicklung der Wohnungseigentümergemeinschaft in Anlehnung an die GmbH mit einer Stellung der Verwalter als „Geschäftsführer“.

SPD: Ein Gesetz machen für, nicht gegen die Eigentümer

Dr. Johannes Fechner lobte, dass das neue Gesetz das Konfliktpotenzial in WEGs minimieren will und einzelne Eigentümer künftig keine Modernisierungen mehr blockieren könnten.

  • Möglich würden ein seniorengerechter Umbau auf eigene Kosten, ebenso Maßnahmen für E-Mobilität und Einbruchschutz.
  • In der weiteren Debatte werde man auf die vielgehörte Sorge eingehen, dass Hausverwaltungen zu viel Macht bekommen.
  • Auch sollen Minderheitenrechte nicht übergangen werden können, sodass Eigentümer für etwas zahlen müssten, was ihnen gar nicht nutzt. „Wir wollen nicht, dass Eigentümer an Einfluss verlieren."

Bündnis 90/Die Grünen: Beim Klimaschutz noch nachbessern

Christian Kühn findet den Gesetzentwurf grundsätzlich gut, er käme angesichts des enormen Problemdrucks in den WEGs allerdings spät.

  • Die Entwicklung der WEG in Richtung des Gesellschaftsrechts sei mutig; er verlangt hierfür den Sachkundenachweis, übt aber ansonsten keine Kritik an der neuen Verwalterstellung.
  • In Sachen Klimaschutz und E-Mobilität müsse auf mehr gesetzt werden als nur die Herabsetzung von Beschlussquoren.
  • Er steht zu Verbraucherschutz und Rechtssicherheit.

Die Linke: Harmonisierung mit dem Mietrecht nicht gelungen

Friedrich Straetmanns erklärt den Gesetzentwurf für „in weiten Teilen unzureichend“.

  • Die Harmonisierung mit dem Mietrecht sei nicht gelungen und benachteilige die Mieter. Dies sei der Einstieg in ein „Zwei-Klassen-Mietrecht“ – je nachdem, ob der Vermieter ein Wohnungseigentümer sei oder nicht.
  • Auch würden selbstnutzende Wohnungseigentümer rechtlich geschwächt und könnten viel zu leicht von einer Mehrheit überstimmt werden.

FDP: Gegen die Verwalterstärkung – für Transparenz durch viel mehr Digitalisierung

Katharina Willkomm kritisierte den Gesetzentwurf umfassend. Er löse nicht die Spannungen, die sich daraus ergeben, dass das Wohnungseigentum kein Alleineigentum sei.

  • Die geplante Generalklausel zu den neuen Verwalterbefugnissen ohne Eigentümerbeschluss sei „sonnengebräunter Weichkäse“ und werde Rechtsstreits ohne Ende provozieren. Stattdessen müsse ein Katalog der Verwalteraufgaben ins Gesetz. Diese Aufgaben sollen die Eigentümer dann erweitern können.
  • Nachbesserungen beim Verzicht auf komplizierte Quoren seien notwendig, denn die Neuregelung verhindere sinnvolle Modernisierungen statt sie zu fördern. Zudem könne eine „gut organisierte Minderheit“ künftig ihren Willen einer passiven Mehrheit aufdrücken.
  • Bei der Digitalisierung tauche der Entwurf „gerade einmal den Zeh ins Wasser“. Zu fordern sei eine zeitgemäße, komplette Umstellung der Verwaltung auf digitale Medien – auch weil die Eigentümer dann jederzeit alles einsehen könnten.

AFD: Rechtsposition der Eigentümer wird erheblich geschwächt

Udo Theodor Hemmelgarn sah den Gesetzentwurf als weiteres Beispiel einer bürgerfeindlichen Politik, in der „Energiefragen als Aufhänger“ genutzt würden, um „Regeln für eine bessere grüne Welt“ durchzusetzen. Neben dieser Einordnung in die übliche AFD-Sicht von Politik kritisierte er vor allem:

  • Eine unbeschränkte Vollmacht für Verwalter dürfe es wegen des hohen Risikos für die Eigentümer und des äußerst schwierigen Wegs einer Schadensersatzforderung nicht geben.
  • E-Mobilität werde durch Erleichterungen für den Bau von Ladesäulen gar nicht erreicht, da die Kapazitäten der Stromnetze begrenzt seien, hier gingen die gravierenden Änderungen in der Praxis ins Leere.
  • Da die Rechtsposition der Eigentümer erheblich geschwächt werde, lehne seine Fraktion den Gesetzentwurf komplett ab.

 

Kommentar von Wohnen im Eigentum:
Rechtsausschuss muss noch die Weichen für notwendige Änderungen stellen!

Noch nicht angekommen in den Kreisen der Regierungskoalition und bei Bündnis 90/Den Grünen ist, dass ein nachgeschobener Sachkundenachweis die Eigentümerrisiken hinsichtlich der neuen Machtstellung der Verwalter überhaupt nicht begrenzen kann. Der nötige Einstieg in die Qualifizierung dieser Berufsgruppe ist kein Argument, um eine schwammige, streitfördernde Generalklausel zu den Verwalterbefugnissen zur rechtfertigen. Zudem können auch qualifizierte Verwalter eine Vollmacht, mit der sie WEGs mit x-beliebigen Verträgen belasten können, rechtsmissbräuchlich ausnutzen – der Weg zum Schadensersatz ist für die Eigentümer dann kaum schaffbar.

Wohnen im Eigentum, weitere Verbraucherverbände, der BGH, der Deutsche Richterbund, der Deutsche Anwaltverein und andere haben sich sehr kritisch zu dem Gesetzentwurf geäußert. Die gestrige Debatte lässt noch nicht darauf schließen, ob eine Mehrheit im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags diese Bedenken teilt. Soll Verbraucherschutz ernst genommen werden und Rechtssicherheit für die Eigentümer geschaffen werden, ist der Gesetzentwurf noch in nicht wenigen wichtigen Punkten nachzubessern.