WiE fordert angesichts Insolvenzwelle der Project Immobilien Gruppe erneut Pflicht zur Absicherung der Abschlagszahlungen/ Bundesjustizministerium (BMJ) soll rechtliche Schutzlücke schließen /Konsequenzen der Nichtregelung tragen die Käufer*innen

23.08.23 Existenzbedrohende Situationen für Verbraucher*innen vermeiden – das sollte laut Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) bei Bauprojekten im Fokus stehen. Käufer*innen müssen bei einer Insolvenz des Bauunternehmens – wie jüngst bei der Insolvenzwelle der Project Immobilien Gruppe - geschützt werden. Dass Käufer*innen bei der Insolvenz nicht abgesichert sind, obwohl ein Expertenrat bereits 2019 klare Vorschläge für gesetzliche Regelungen im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) unterbreitet hat, ist eine Absage des BMJ an den Verbraucherschutz.

Käufer*innen setzen sich, wenn sie bauen lassen, erheblichen finanziellen Risiken aus. Eine Insolvenz des Bauunternehmens kann für sie gravierende Folgen haben. Dies müssen derzeit viele Vertragspartner*innen der Project Immobilien Gruppe schmerzhaft erfahren: Vor einigen Tagen hat die Unternehmensgruppe für mehrere ihrer Gesellschaften Insolvenzanträge gestellt. „Die Leidtragenden sind die Käufer*innen, die entweder mit einem halbfertigen Gebäude dastehen, für das sie keinen oder nur einen teureren neuen Unternehmer für den Weiterbau finden, oder sie erhalten bereits gezahlte Abschlagssummen nicht zurück“, so Michael Nack, Rechtsreferent bei Wohnen im Eigentum. Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt setzt sich WiE für eine konsequente finanzielle Absicherung der Käufer*innen ein. „Der Schutz der Verbraucher*innen vor der Insolvenz des Bauträgers ist nicht verhandelbar“, stellt WiE-Vorständin Gabriele Heinrich klar. „In anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden sind diese Fälle längst geregelt. Eine verbindliche Absicherung ist in Deutschland überfällig.“

So könnten Käufer*innen abgesichert werden

WiE sieht zwei Möglichkeiten: Entweder verzichtet der Bauträger bis zur Bezugsfertigkeit und zur Übergabe auf Abschlagszahlungen der Käufer*innen oder er sichert die Abschlagszahlungen – beispielsweise mit einer Versicherung - ab, wenn er auf die Abschlagszahlungen während der Bauphase nicht verzichten möchte. Diese Absicherung sollte laut WiE zumindest bei Bauträgerverträgen Pflicht sein, bei denen die Käufer*innen Verbraucher*innen sind. „Wenn diese Absicherung fehlt, sollte dies auch sanktioniert werden – gegebenenfalls auch mit ordnungs- oder strafrechtlichen Mitteln“, erläutert WiE-Rechtsreferent Michael Nack.

WiE knüpft mit seiner Haltung an die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Bauträgervertragsrecht beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aus dem Jahr 2019 an, an denen WiE selbst mitgearbeitet hat.

BMJ: Nur Überlegungen statt konsequenter Umsetzung der Expertenvorschläge

Die Überlegungen des Bundesjustizministeriums zum Insolvenzschutz beim Bauträgervertrag, die vier Jahre nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des Expertenrats nun wieder angestellt werden, sind laut WiE nicht ausreichend. Dort werde lediglich ein „optionales Modell“ diskutiert. Dabei sollen die Vertragsparteien selbst entscheiden können, ob Schutzmaßnahmen für den Insolvenzfall vereinbart werden. Dieser „größere Gestaltungsspielraum“, den das Ministerium schmackhaft machen will, nützt laut WiE am Ende aber vor allem unseriösen Bauunternehmen. Anbieter könnten das finanzielle Risiko gegenüber Verbraucher*innen herunterspielen. Nicht alle Käufer*innen sind in der Lage, realistisch einzuschätzen, wie hoch das Insolvenzrisiko beim ausgewählten Bauunternehmen ist. Hier werde oft weiterhin die „Katze im Sack“ gekauft. Günstige Verträge, deren finanzielles Risiko undurchsichtig ist, könnten vor allem eine Falle für weniger finanzstarke Verbraucher*innen sein.

„Dem Verbraucher die Entscheidung zu überlassen, ob er sich absichern will, bedeutet letztlich nur, ihn mit dieser viel zu großen Verantwortung allein zu lassen“, kritisiert Heinrich, „das Bundesjustizministerium soll diese rechtliche Schutzlücke schließen“.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Stellungnahme.

Wissen & Tipps zum Wohnungskauf vom Bauträger finden Sie auch in unserer Checkliste (nur für Mitglieder – bitte einloggen).

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