Speichen-Mikado? Fahrrad-Abstellung erleichtern

Gibt es in Ihrer WEG Streit um Fahrräder, weil Sie in der Stadt wohnen und es keine oder zu wenige Abstellplätze im Keller oder im Hof Ihrer Wohnungseigentumsanlage gibt? Wie es Ihnen dennoch gelingen kann, innerhalb Ihrer WEG Lösungen zu finden, hat Wohnen im Eigentum für Sie zusammengestellt.

Fahrräder auf dem Vormarsch: Rund 75 Millionen Fahrräder, darunter 4,5 Millionen E-Bikes, gibt es derzeit in Deutschland (Quelle: Industrieverband ZIV). Egal, ob „normales“ Fahrrad, Lastenrad, Rennrad, Mountainbike oder E-Bike: Einen Abstellplatz im oder vor dem das Haus zu finden, ist oftmals eine Herausforderung – vor allem in Innenstädten.

Die gesetzlichen Vorgaben für Fahrrad-Stellplätze sind oft nur vage. Zuständig für Regelungen sind die Bundesländer (Landesbauordnungen) und Kommunen. Manche Landesbauordnungen enthalten Vorgaben, die bei Neubauten einzuhalten sind. 

Nicht nur die Quantität, auch die Qualität der Stellplätze spielt eine Rolle. Ein teures Rennrad oder Elektrofahrrad, bei dem man möglicherweise den Akku nicht mehr ausbauen muss, möchte man sicher und wetterfest, ggf. sogar mit Stromanschluss parken.

Was können Wohnungseigentümer also tun, wenn es bisher keinen Fahrradkeller oder keine Fahrradstellplätze in ihrer WEG gibt?

Gebrauchsregelung treffen

Es gibt bei Ihnen einen freien Kellerraum im Gemeinschaftseigentum ohne besondere Zweckbestimmung laut Teilungserklärung? Dann kann Ihre WEG in einem ersten Schritt mit einfacher Mehrheit beschließen, dass dieser Raum künftig als Fahrradkeller genutzt werden soll. Nähere Informationen zu einer solchen Gebrauchsregelung finden Sie im WiE-Ratgeber „Das Miteinander gebacken bekommen“, ab Seite 60.  

(Erstmalige) Einrichtung eines Fahrradkellers

Die erstmalige Einrichtung eines Fahrradkellers in diesem Raum ist dann in der Regel eine Modernisierung. Das heißt: Sind bauliche Maßnahmen (z. B. Rampe, fest installierte Ständer) für den Fahrradkeller notwendig oder erwünscht, kann Ihre WEG darüber mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschließen. Tipp: Gibt es jedoch noch gar keine anderen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, kann die Einrichtung des Fahrradkellers in Ausnahmefällen eine Instandhaltungsmaßnahme sein, für die eine einfache Mehrheit ausreicht.

Sinnvoll ist ein Fahrradkeller, wenn die Räder hineingelangen können, ohne getragen werden zu müssen – denn das ist in vielen Fällen zu schwer und kann zudem zur Beschädigung des Treppenhauses führen. Es sollte also einen Außenzugang zum Keller geben, auf dessen Treppe eine Fahrradspur montiert werden kann. Zudem muss der Raum groß genug sein; ein überfüllter Fahrradkeller führt zu Schäden und Streit. Etwas Abhilfe könnte es schaffen, wenn Sie den Zugang einschränken: Wird pro Wohnung das Abstellen von einem Fahrrad erlaubt, ist das vielleicht schon besser als nichts.

Wandhalter anbringen

Eine attraktive Möglichkeit für das Aufbewahren von Fahrrädern – egal ob im Fahrradkeller oder in einer Gemeinschaftsgarage – sind Wandhalter. Wandhalter für leichtere Fahrräder kosten nicht viel und schaffen diese aus dem Weg. Jedes Rad wird einzeln platziert und mit einem einfachen Haken an der Wand gehalten. Dann muss niemand mehr sein Rad aus dem Gewirr von Lenkern und Speichen befreien, Beschädigungen durch Verhaken und Umfallen entfallen. Am besten sehen Sie pro Wohnung einen oder mehrere solcher „Wandstellplätze“ vor und teilen diese auch zu – Wandbeschriftung macht’s möglich. Die Anbringung der Wandhalter werden Sie in der Regel als Modernisierung mit der doppelt qualifizierten Mehrheit beschließen können.

Fahrradständer draußen aufstellen

Geht es um Lösungen im Außenbereich, sollten Sie eines vorab bedenken: Ob einfache Metallständer oder überdachte, gar abschließbare Boxen – was sich die einen Wohnungseigentümer sehnlichst wünschen, empfinden die anderen als Verschandelung der Außenflächen. Daher sollte eine solche Anlage gut geplant und der entsprechende Beschluss gut vorbereitet werden.

  • Gibt es keine geeigneten Abstellmöglichkeiten für Fahrräder im Außenbereich oder reichen die vorhandenen nicht aus, kann das Aufstellen eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung sein (= Beschluss mit einfacher Mehrheit). So wird nämlich verhindert, dass Gemeinschaftsflächen zugestellt oder Wände beschädigt werden.
  • Wollen Sie neue, bessere Fahrradständer installieren oder den Platz verlegen? Grundsätzlich ist das eine mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschließbare Modernisierung. Da sich nämlich der Charakter der Wohnanlage durch Fahrradständer üblicher Größe in der Regel nicht verändert, brauchen nicht alle Eigentümer zuzustimmen.
  • Wollen Sie aber überdachte Ständer oder Boxen errichten, die sehr ins Auge fallen, wird das eine bauliche Veränderung sein, der in diesem Fall alle Eigentümer zustimmen müssen. Gleiches gilt, wenn vor dem Haus ein Fahrradschuppen gebaut werden soll oder wenn anderes Gemeinschaftseigentum, etwa angelegte Beete und Bänke, dem neuen Fahrradständer weichen soll. Auch dann, wenn ein Fahrradständer an „störender“ Stelle, z.B. Eingangsbereich der Wohnanlage aufgestellt werden soll, kann eine optische Beeinträchtigung vorliegen, die die Zustimmung aller erforderlich macht.

Fahrräder in der Tiefgarage mit oder ohne Ständer abstellen?

Möchten Sie Ihr Fahrrad auf Ihrem Tiefgaragenstellplatz abstellen oder dort gar einen Ständer fest installieren, könnte das problematisch werden. Es gibt Rechtsprechung dazu, die zum Teil widersprüchlich ist und zu sehr umständlichen Ergebnissen führt.

Erstes Problem: Ist es überhaupt erlaubt, auf einem Kfz-Stellplatz ein Fahrrad abzustellen?  Laut Urteil des Amtsgerichts Potsdam (04.10.2018, Az. 31 C 37/17) ist es kein Problem. Hingegen führte das Landgerichts Hamburg (17.06.2015, Az. 318 S 167/14) aus, dass der Zweck eines Tiefgaragenstellplatzes das Abstellen von Kraftfahrzeugen sei. Ob das Abstellen von Fahrrädern diesem Zweck widerspricht, ließ das Gericht zwar offen, doch es ist nach dessen sonstiger Argumentation wohl zu bejahen. Zudem könnte die Landesbauordnung in Ihrem Bundesland dagegensprechen.

WiE-Tipp: Solange es in Ihrer WEG keinen Streit über diese Frage gibt, sollten Sie das nicht weiter problematisieren. Wenn sich aber Widerstand gegen das Abstellen von Fahrrädern auf Kfz-Stellplätzen regt, sollten Sie die aktuelle Rechtsprechung hierzu und Ihre Landesbauordnung prüfen (lassen) – und als WiE-Mitglied hierzu gern eine kostenfreie Rechtsauskunft einholen.

Das zweite, gravierendere Problem ergibt sich, wenn Sie bauliche Veränderungen am Kfz-Stellplatz planen, etwa die feste Installation eines Bügels auf dem Boden. Da davon das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, ist es eine bauliche Veränderung, der alle Eigentümer zustimmen müssen. Das oben genannte Urteil des LG Hamburgs geht sogar noch weiter. In dem Fall wollte ein Wohnungseigentümer auf seinem Tiefgaragenstellplatz einen Ständer für zwei E-Bikes installieren. Doch dies entspreche nicht dem Zweck des Stellplatzes, so das Gericht. Nach seinem Urteil müsste also zunächst die Zweckbestimmung in der Teilungserklärung geändert werden. Dies ist nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer möglich. Sie sehen: Hier wird es kompliziert. Wenn Sie so etwas für Ihr E-Bike brauchen, lassen Sie sich zuvor rechtlich beraten – als WiE-Mitglied gern von unseren WEG-Rechtlern.

Abstellen im Flur – was sagt die Hausordnung?

Die WEG kann in der Hausordnung verbieten, dass Fahrräder im Hausflur oder im Treppenhaus abgestellt werden – wenn es andere Möglichkeiten zum Abstellen gibt. Daran müssen sich dann die Eigentümer halten – und natürlich auch deren Mieter, sofern die Hausordnung wirksam in den Mietvertrag einbezogen wurde.

Ist das Abstellen von Fahrrädern im Flur laut Hausordnung allerdings nicht verboten, gilt: „In keinem Fall dürfen andere Hausbewohner behindert oder mit den Fahrrädern gar Fluchtwege versperren werden“, informiert Birgitt Faust-Füllenbach, Rechtsreferentin bei Wohnen im Eigentum.

WEG kann Abstellen von Rädern in der Wohnung verbieten

Das Fahrrad in der Wohnung abzustellen, sollte schließlich eine Notlösung sein – und selbst das kann unter Umständen zu Schwierigkeiten führen, wie ein Urteil des Landgerichts München zeigt (23.11.2017, Az 36 S 3100/17). Ein Wohnungseigentümer hatte den Beschluss seiner Eigentümergemeinschaft über die Änderung der Hausordnung angefochten, wonach der Transport von Fahrrädern in die Wohnungen nicht zulässig ist. Hintergrund war, dass es durch den Transport von Rädern zu Verschmutzungen im Treppenhaus und im Aufzug gekommen war. Das Landgericht wies die Anfechtungsklage ab. Das Verbringen und Abstellen von Fahrrädern in den Wohnbereich gehöre nicht zum Kernbereich des Eigentums, heißt es in dem Urteil.

Abschließende Tipps von Wohnen im Eigentum

  • Die Bundesländer bzw. Kommunen regeln die Frage der Fahrrad-Stellplätze unterschiedlich. Schauen Sie in der Landesbauordnung, die in Ihrem Bundesland gilt, nach, oder informieren Sie sich bei Ihrer Kommune, wie die Stellplatzfrage geregelt ist. Nordrhein-Westfalen zum Beispiel hat in die Definition von Garagen explizit auch Fahrräder mit aufgenommen (§ 2 Landesbauordnung NRW). Das könnte die künftige Rechtsprechung zugunsten von Fahrradfahrern erleichtern.
  • "Wie viele müssen zustimmen? Das Baumaßnahmen-ABC für Wohnungseigentümer und WEGs" veranschaulicht als praktischer Wegweiser die rechtliche Einordnung von und die nötigen Mehrheiten für verschiedene Baumaßnahmen.
  • Die Teilungserklärung Ihrer WEG kann Fragen rund um die Fahrradabstellung regeln. Schauen Sie hinein – und wenn Sie Fragen zur Auslegung von Klauseln haben, oder generell  nicht sicher sind, ob und wie in Ihrer WEG ein Fahrradkeller oder Fahrradstellplätze eingerichtet werden können, können Sie als WiE-Mitglied kostenfrei eine telefonische Rechtsauskunft hierzu einholen. Weitere Informationen

 

„Der Modernisierungs-Knigge für Wohnungseigentümer“ veranschaulicht die Spielregeln für den Umgang mit Menschen und Paragrafen bei der Instandhaltung, Modernisierung und Sanierung von Wohnungseigentumsanlagen. Sie finden diesen Ratgeber als kostenfreies PDF oder gedruckte Broschüre im WiE-Shop.

 

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