Walter Rosifka
© Erwin Schuh

„Wir sind dem Verwalter ausgeliefert“

So denken viele Wohnungseigentümer in Österreich – meint Walter Rosifka von der Arbeiterkammer in Wien / Eine Kurzvorstellung und Bewertung der österreichischen Rechtskonstruktion des Wohnungseigentums

06.03.2020. In Österreich gilt seit langem das, was in Deutschland mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes eingeführt werden soll: Die „juristische Person“ (Eigentümergemeinschaft) ist in Österreich Träger der gesamten Verwaltung und die Verwalter haben nach außen unbeschränkte Vertretungsmacht. Welche Erfahrungen die Österreicher mit diesem Wohnungseigentumsgesetz gemacht haben, schildert und bewertet Walter Rosifka, Leiter des Teams Wohnen der Arbeiterkammer Wien (die Arbeiterkammer ist die größte Konsumentenorganisation in Österreich, vergleichbar mit den Verbraucher-Zentralen in Deutschland), im Interview mit Wohnen im Eigentum. Seine Empfehlung: Diese Rechtskonstruktion in Deutschland nicht einzuführen. Sie hat aus Sicht der Arbeiterkammer zu viele Nachteile für die Wohnungseigentümer.
 

WiE: "Herr Rosifka, Im österreichischen Wohnungseigentumsgesetz ist die Eigentümergemeinschaft Träger der gesamten Verwaltung und die Verwalter haben nach außen hin die unbeschränkte Vertretungsmacht für die Gemeinschaft. Gibt es Probleme mit dieser Rechtskonstruktion und wie kommen die Wohnungseigentümer damit zurecht?"

Walter Rosifka: „Das Problem ist: Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums rückt weit weg von den einzelnen Wohnungseigentümern, da die Eigentümergemeinschaft im Gesetz als juristische Person (sozusagen wie eine Art Firma) gebildet wurde. Alle Wohnungseigentümer sind zwar Mitglieder dieser Gemeinschaft, die jedoch selbst und im eigenen Namen nach außen hin als „Eigentümergemeinschaft xxxgasse yy“ auftritt, und als solche die Verträge abschließt etc. Das macht sie in der Regel durch ihren gesetzlichen Vertreter, den Verwalter. Die Wohnungseigentümer bekommen so den Eindruck „Das betrifft mich als einzelnen Wohnungseigentümer nicht so“. Denn es ist ja ein anderer, eben die juristische Person, welche Verträge abschließt, Rechnungen bezahlen muss, haftet etc.

Dieses Gefühl ist in der Regel verbunden mit der Sichtweise, dass man gegen den Verwalter, der als Vertreter der Gemeinschaft nach außen mit gesetzlich unbeschränkter Verwaltungsvollmacht auftritt, ohnehin nichts machen kann. Die Wohnungseigentümer fühlen sich somit zu Recht mehr oder weniger dem ausgeliefert, was dieser Repräsentant nach außen tut. Kommen die Verträge dann auch noch - aufgrund der unbeschränkten Vertretungsvollmacht der Verwalter - unmittelbar und sehr rasch zwischen der Eigentümergemeinschaft und externen Dienstleistern oder Auftragnehmern zustande, ohne dass die eigentlich im Hintergrund verpflichteten Wohnungseigentümer ein Mitspracherecht haben oder ein Beschluss gefasst wurde, dann empfinden dies die Eigentümer natürlich für sehr nachteilig.

Problematisch daran, dass die juristische Person Eigentümergemeinschaft als eigenes rechtliches Gebilde zwischen die einzelnen Wohnungseigentümer und den mit so viel Macht ausgestatteten Verwalter geschoben wurde, ist die Konsequenz, dass die Gemeinschaft dann teilweise nicht handlungsfähig ist oder sein kann. Vor allem dann, wenn es darum geht, Haftungsfragen gegenüber dem Verwalter oder Handwerkern durchzusetzen.

Dieses Konstrukt sehen wir schon als sehr problematisch an – wir in Österreich haben ja seit 1994 Erfahrung damit. Als Interessenvertreter auch der Verbraucher sagen wir: Aus Sicht der Wohnungseigentümer ist dieses Konstrukt nicht in Ordnung und so nicht akzeptabel. Zumal es ohne ein für die einzelnen Eigentümer wirklich schlagkräftiges Abwehr-Instrument eingerichtet wurde. Also ohne ein Instrument, mit dem sich einzelne Eigentümer im Problem- oder Schadensfall einfach und ohne große Risiken (etwa Prozesskosten) wehren können. Dass das Konstrukt zum Vorteil der Verwalter und der Wirtschaft ist, ist hingegen unbestritten.

Damit können Wohnungseigentümer wirksam verpflichtet werden, für sie völlig sinnlose und finanziell extrem nachteilige Verträge erfüllen zu müssen. Schadenersatzprozesse deswegen sind aber erstens kompliziert, und werden meist nur von der mutigen Minderheit angestrebt. Das ist zu wenig, in der Regel kommen dann die ungestraft davon, die die Wohnungseigentümer über den Tisch gezogen haben.

Hätte der Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft keine nach außen unbeschränkte Verwaltungsvollmacht, wäre die Gefahr für die Wohnungseigentümer, nachteilige Verträge gegen sich gelten lassen zu müssen, natürlich geringer."

WiE: "In Deutschland wird die Stärkung der Verwalterstellung begründet mit der Argumentation, die WEGs würden handlungsfähiger, effizienter und Sanierungsstaus ließen sich leichter beheben. Wie sieht es denn dann in Österreich aus? Wie ist dort der Stand der Gebäudemodernisierung? Sind die WEGs dort in großer Mehrheit energetisch modernisiert und entsprechen sie einem guten baulichen Zustand?"

Walter Rosifka: „Einigen Experten zufolge ist in Österreich die Sanierungsfreudigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften aber auch bei Einfamilienhäusern nicht so groß wie bei den Mietwohnhäusern der Genossenschaften und gemeinnützigen Bauvereinigungen. Die Tendenz, eher sparsam zu sein und nur das Notwendige zu machen, gibt es sowohl bei Haus- als auch bei Wohnungseigentümern. Wenn in einem Haus viele Eigentumswohnungen vermietet sind, dann hemmt das natürlich die Investitionsbereitschaft der Eigentümer die Gewinnmaximierung anstreben; andererseits gibt es auch gut funktionierende Gemeinschaften, die gerne für ein angenehmes Wohnumfeld investieren.

Allerdings möchte ich auch prinzipiell darauf hinweisen, dass im Zusammenhang mit energetischen Sanierungen häufig viel versprochen, aber wenig gehalten wird. Immer wieder wird behauptet: Die energetische Sanierung amortisiert sich in 20 Jahren oder in noch kürzeren Zeiträumen. Wenn dem so wäre, warum übernehmen die Sanierungs-Firmen keine Garantie dafür? Diese Aussage wird oft von der Realität später widerlegt.

Ich frage mich auch immer wieder, warum sogenannte Contracting-Sanierungs-Verträge nicht häufiger zum Einsatz kommen. Denn in diesem Fall würde eine Firma die energetische Sanierung auf ihr Risiko durchführen – und die Eigentümergemeinschaft würde dafür tatsächlich nur die tatsächlich erzielten Einsparungen bezahlen, der kommenden z.B. 20 Jahre. Dann läge das Risiko bei der Firma und nicht bei den Wohnungseigentümern. Vermutlich gibt es wenige solcher Verträge, weil sich Sanierungen häufig doch nicht amortisieren.

Unserer Erfahrung nach sind Bauträger, Verwalter und Baufirmen durchaus wirtschaftlich miteinander verflochten. Auch vor dem Hintergrund sollte man sich als Wohnungseigentümer schon die Frage stellen, ob gewisse Sanierungsmaßnahmen im vom Verwalter angeregten Umfang zu den angebotenen Preisen wirklich sinnvoll sind.

WiE: "Was können einzelne Wohnungseigentümer unternehmen, um Sanierungen voranzubringen?"

Walter Rosifka: "In Österreich können einzelne Eigentümer Erhaltungsmaßnahmen/Sanierungen gerichtlich durchsetzen; auch solche, zur Erzielung von Energieeinsparungen, aber immer unter dem Aspekt, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung positiv, also die Maßnahme wirtschaftlich ist und sich amortisiert. Da nur wenige solcher Gerichtsverfahren angestrengt werden, nehme ich an, dass das auch ein Indiz dafür ist, dass in den meisten Fällen wahrscheinlich die Kosten in der Regel viel höher sind als der Nutzen und daher solche Prozesse nicht geführt werden. Es kann ja nicht Sinn der Sache sein, dass man das Geld der Menschen verpulvert für Dinge, die nichts bringen.

Bei uns in Österreich ist es sicher nicht so, dass Sanierungen behindert werden, weil überall Einstimmigkeit notwendig wäre. Das wird zwar immer wieder behauptet, aber das stimmt nicht: Verbesserungsarbeiten und energetische Sanierungen kann die Eigentümergemeinschaft mit Mehrheit beschließen und auch einzelne Eigentümer können – wie erwähnt - bestimmte Arbeiten über das Gericht durchsetzen.

Spontan stellt sich mir die Frage: Soll diese Neuregelung in Deutschland dazu dienen, den Eigentümern leichter unnötige Sanierungsarbeiten aufs Auge zudrücken oder was ist der Grund?“

WiE: "Welches sind die größten Probleme der Wohnungseigentümer bzgl der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in Österreich?"

Walter Rosifka: „Eines der größten Probleme besteht darin, dass die Informationsrechte der einzelnen Wohnungseigentümer aus unserer Sicht nicht ausreichen. Der Einzelne hat bisher kein Anrecht auf Einsicht in die Verträge der Eigentümergemeinschaft, zum Beispiel in Versicherungsverträge oder in Verträge mit einer Hausreinigungsfirma. Nur die Eigentümergemeinschaft in ihrer Gesamtheit hat diese Rechte. Das ist ein absolutes Negativum: dass zwar die Eigentümergemeinschaft als juristische Person geschaffen wurde, aber der Einzelne, der Auskünfte bekommen möchte, keine Einsichtsrechte in die Vertragsinhalte hat, welche seine Liegenschaft betreffen und deren finanzielle Folgen er mitzutragen hat.

Im Zusammenhang mit der nach außen hin unbeschränkten Verwaltungsvollmacht ist dies besonders problematisch: In der Regel handeln hier zwei Parteien (Verwalter auf der einen Seite, Dienstleister/Professionisten auf der anderen Seite) Verträge aus, die andere Personen (schlussendlich: die Wohnungseigentümer) bezahlen müssen. Wenn zum Beispiel der Verwalter mit der Versicherung einen neuen Vertrag aushandelt und auch Nutznießer des Vertrags ist, da er häufig sogenannte Kickback-Zahlungen oder Provisionen erhält, dann fragt man sich schon, in wessen Interesse der Vertrag hier abgeschlossen wurde. Der Dritte, also der einzelne Wohnungseigentümer, darf nicht mal in den Vertrag schauen, da nicht er Vertragspartner ist, sondern die Eigentümergemeinschaft. Es ist absurd: Vertreter der WEG ist der Verwalter und nur dieser darf dann in den Vertrag schauen, den er selbst abgeschlossen hat.

Daher fordern wirseit langem ganz klar eine gesetzliche Regelung, wonach der Verwalter verpflichtet wird, den einzelnen Wohnungseigentümern Einsicht in alle Verträge, die die Liegenschaft betreffen, zu geben.

Ein weiteres großes Problem in diesem Zusammenhang: Der einzelne Wohnungseigentümer als Mitglied der Eigentümergemeinschaft erhält auch bei der Bank keinen Einblick in Kontoauszüge, da der Einzelne nicht Kontoinhaber ist, sondern die Eigentümergemeinschaft – egal, ob es sich bei dem Konto um ein Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder um ein Anderkonto des Verwalters handelt. Der Verwalter kann die Gelder der Eigentümergemeinschaft derzeit entweder auf einem Eigenkonto der WEG anlegen oder auf einem Anderkonto (Treuhandkonto), das auf seinen Namen läuft.

Bei einem Anderkonto (Treuhandkonto) besteht immer die Gefahr, dass im Fall einer Insolvenz des Verwalters der Insolvenzverwalter die Hand darauf hält. Die Eigentümergemeinschaft kommt dann unter Umständen nicht an ihr Geld und gerät in Zahlungsschwierigkeiten.

Es sollte als unbedingt eine gesetzliche Verpflichtung des Verwalters zur Veranlagung der Gelder der Wohnungseigentümer auf einem Eigenkonto der Gemeinschaft bestehen; aber auch dann brauchen wir – eine Forderung der Arbeiterkammer – für den einzelnen Eigentümer ein gesetzliches Einsichtsrecht bei der Bank. Bisher haben die einzelnen Wohnungseigentümer lediglich das Recht, dass der Verwalter ihnen Einsicht in die Kontoauszüge gewähren muss. Eine nicht besonders effektive Kontrollmöglichkeit.

Da die Vertretungsmacht des Verwalters im Außenverhältnis gesetzlich nicht beschränkt ist, gibt es zudem immer wieder Fälle von Veruntreuung von WEG-Geldern (siehe weiter unten).

Ein weiteres konkretes Problem in unserem Wohnungseigentumsgesetz: Jeder Wohnungseigentümer in Österreich hat zwar bestimmte gesetzliche Minderheitsrechte, zum Beispiel das Recht auf Erhaltungsarbeiten. Aber: Wenn es in meine Eigentumswohnung im obersten Geschoss hineinregnet und der Verwalter nicht tätig wird, dann muss ich gerichtlich „gegen die übrigen Eigentümer“ vorgehen, damit diese sozusagen verurteilt werden, die Sanierung durchzuführen. Wenn ich das Gerichtsverfahren gewonnen habe, kann ich damit jedoch gar nichts anfangen, weil die übrigen Wohnungseigentümer nicht berechtigt sind, im Außenverhältnis diese Sanierung zu beauftragen. Auftraggeber kann nur die Eigentümergemeinschaft sein, nämlich die juristische Person, vertreten durch den Verwalter. Reagiert der Verwalter immer noch nicht und findet dann keine Eigentümerversammlung statt, auf der dann doch die Weisung beschlossen wird, dass der Verwalter die Sanierung durchführen muss, dann kann ich nur über den Umweg der gerichtlichen Abberufung der Verwaltung Druck ausüben. Einfacher wäre es, wenn in einem Verfahren wegen (unterbliebener) Erhaltungsarbeiten der Verwalter gleich auch Verfahrenspartei ist. Dann hätte auch er die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn er pflichtwidrig untätig war.

Das Hundertwasserhaus in Wien - ein Wohnhaus der Stadt Wien, keine WEG
© Wohnen im Eigentum

 

WiE: "Welche großen Probleme haben die Wohnungseigentümer mit den Verwaltern?"

Walter Rosifka: „Immer wieder klagen Wohnungseigentümer über überteuerte Rechnungen, die von Verwaltern beauftrag und bezahlt werden. Bis vor wenigen Jahren konnte jeder einzelne Wohnungseigentümer auf relativ einfachem Weg dagegen vorgehen und die Richtigkeit der Abrechnung erreichen: in Form eines relativ einfachen Gerichtsverfahrens (Außerstreitverfahren) zur Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnungen des Verwalters. Die Rechtsprechung war relativ „wohnungseigentümer-freundlich“ – demnach war die Abrechnung unrichtig, wenn die entsprechend verrechneten Kosten bei vernünftiger Wirtschaftsführung gar nicht angefallen wären.

Vor zwei oder drei Jahren hat sich die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs allerdings geändert und zwar ist sie für die Wohnungseigentümer deutlich 'unfreundlicher' geworden. Der Tenor: 'Die Abrechnung ist schon dann richtig, wenn es zu der verrechneten Position einen Leistungsaustausch gegeben hat.` Das ist sehr allgemein gehalten. Ein Beispiel, das vielleicht etwas extrem ist, aber die Sachlage gut veranschaulicht: Ein Verwalter beauftragt seinen Bruder mit dem Wechseln der Glühbirne im Keller einer Eigentümergemeinschaft für 5.000 Euro. Das war früher ein klassischer Fall von unrichtiger Abrechnung, da keine vernünftige Wirtschaftsführung vorlag.

Nach der heutigen Rechtsprechung wäre diese Abrechnung nicht falsch und der Geschädigte – die Eigentümergemeinschaft – müsste zahlen und dann einen Schadensersatzprozess gegen den Verwalter führen, weil dieser Arbeiten zu völlig überhöhten Preisen vergeben hat. Die Entscheidung, einen Schadensersatzprozess zu führen, stellt sich in vielen WEGs als große Hürde dar, da in einer Eigentümergemeinschaft stets unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen und viele Eigentümer grundsätzlich gerichtliche Auseinandersetzungen scheuen. Auf diese Weise wurde und wird der Rechtsschutz unterwandert. Zudem müsste in dem beschriebenen Fall der Verwalter als Vertreter der WEG gegen den Verwalter – also gegen sich selber! – vorgehen, was nicht geht bzw. schwer vorstellbar ist; ein für solche Fälle im Gesetz vorgesehener „Eigentümervertreter“ existiert in praktisch keiner Wohnhausanlage. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer ist dafür auch oft nicht zu erreichen. Effektiver Rechtsschutz bei der Kontrolle von Personen (Verwalter) die mit fremdem Geld wirtschaften, sieht anders aus."

WiE: "Welche großen Probleme haben die Verwalter mit den Wohnungseigentümern?"

Walter Rosifka: „Häufig klagen Verwalter, dass sie für Dinge verantwortlich gemacht werden, für die sie gar nicht zuständig sind. In der Regel handelt es sich um nachbarrechtliche Fragen, etwa um Streitigkeiten, wenn sich z.B. ein Eigentümer von einem ständig grillenden Miteigentümer belästigt fühlt. Oder wenn geklärt werden soll, ob ein Wohnungseigentümer sein Objekt verändern darf; etwa wenn der Eigentümer einer Wohnung diese in eine Arztpraxis umwidmen / umbauen möchte. Diese Art von Fragen müssen die Eigentümer unter sich klären (zur Not auch gerichtlich). Für solche Fragen sind Verwalter nicht zuständig und sollten außen vor bleiben. Sie können im besten Fall moderieren. Viele Eigentümer verstehen das aber nicht.“

WiE: "Haben die Wohnungseigentümer in Österreich ausreichende, gesetzlich vorgegebene Kontroll- und Prüf-Instrumente?"

Walter Rosifka: „Die Instrumente, die derzeit zur Verfügung stehen, sind nicht ausreichend. Eine wichtige Frage in dem Zusammenhang ist, wie man ein gesetzlich verankertes Recht schaffen kann, das sicherstellt, dass Vertragspartner einer Eigentümergemeinschaft gegenüber den Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft auskunftspflichtig sind. Außerdem braucht es einfache Mittel oder Möglichkeiten, um Verwalter, die ja mit fremden Geldern arbeiten, besser kontrollieren zu können.“

WiE: "Wie groß ist die Korruptionsgefahr in Österreich?"

Walter Rosifka: „Es ist heutzutage leider fast schon üblich – auch wenn es nicht offen gesagt wird – dass Verwalter von Firmen, mit denen sie zusammenarbeiten, sogenannte Kickback-Zahlungen und Provisionen erhalten. Von Verwaltern wird in dem Zusammenhang immer wieder das Argument angeführt, man müsse schließlich im beinharten Wettbewerb, in dem die Honorare möglichst günstig sein sollen, bestehen und seine Kosten decken.“

WiE: "In Deutschland gibt es immer mal wieder Veruntreuungen. Ist das auch in Österreich ein Problem und können sich die Wohnungseigentümer davor schützen?"

Walter Rosifka: „Wie bereits erwähnt, ist in Österreich die unbeschränkte Vertretungsmacht des Verwalters nach außen ein riesiges Problem, da dieses Konstrukt die laufende Kontrolle der Gelder durch die Eigentümer erschwert und eine sparsame Verwendung der Mittel sowie eine vernünftige Wirtschaftsführung nicht wirklich sicherstellt. Veruntreuungsfälle gibt es regelmäßig. Z.B. nahm ein Verwalter für eine Eigentümergemeinschaft einen Sanierungskredit in Höhe von 600.000 Euro auf, der zum großen Teil nicht widmungsgemäß verwendet wurde. Ob die fehlenden paar hunderttausend Euro vom Geschäftsführer des Verwalters (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die schlussendlich in Insolvenz war) tatsächlich in Russland bei einem Pokerturnier verzockt wurden, oder sonstwo versickert sind, kann nicht nachvollzogen werden. Die Bank hatte den Kredit gegenüber der WEG zudem fällig gestellt, sie sagte den Wohnungseigentümern: Ihr müsst den Kredit zurückzahlen, weil der Vertrag mit der Eigentümergemeinschaft wirksam ist, auch ohne dass ein Mehrheitsbeschluss zustande gekommen ist. So etwas muss ich als Kreditgeber gar nicht prüfen, wenn ein Wohnungseigentumsverwalter behauptet, er würde im fremden Namen Kreditverträge abschließen.

Ein Fall hat in Österreich besonders für Schlagzeilen gesorgt. Seit Jahren weiß man nicht, ob ein Verwalter, der Gelder von Eigentümergemeinschaften veruntreut hatte (mehrere hunderttausend Euro sind verschwunden), wirklich 2011 im Bodensee ertrunken ist oder diesen Unfall nur vorgetäuscht hat, um sich ins Ausland abzusetzen.

Neben besseren Informations- und Kontrollrechten sowie der gerichtlichen Überprüfungen der von Verwaltern gelegten Abrechnungen auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der verrechneten Ausgaben fordern wir, die Vertretungsmacht der Verwalter im Innen- wie auch im Außenverhältnis gesetzlich zu beschränken. Unsere Forderung: Alle Vertragspartner der Eigentümergemeinschaft müssen sich bei außergewöhnlichen Geschäften und bei der Darlehensvergabe vorher vom Verwalter nachweisen lassen, dass ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft vorliegt.

Ideal wäre aus unserer Sicht zudem ein gesetzlich verankertes Online-Einsichtsrecht in das Bankkonto der Gemeinschaft für die einzelnen Wohnungseigentümer – damit könnte man viel eher Malversationen (Betrug, Veruntreuung, Untreue) auf die Schliche kommen. Es gäbe also durchaus gesetzliche Möglichkeiten, die Wohnungseigentümer bzw. deren Gelder besser zu schützen.“

WiE: "Gibt es im österreichischen Wohnungseigentumsgesetz Regelungen, die Sie dem deutschen Gesetzgeber besonders empfehlen würden?"

Walter Rosifka: „Das Eigenkonto verpflichtend einzuführen, ist sinnvoll. Das gab es früher bei uns, 2006 wurde die Verpflichtung gesetzlich wieder abgeschafft.

Die in § 30 Wohnungseigentumsgesetz festgeschriebenen Minderheitsrechte jedes einzelnen Wohnungseigentümers sind sehr wichtig. Sie sollten aus unserer Sicht allerdings noch erweitert werden, die Arbeiterkammer hat hierzu verschiedene Vorschläge gemacht, unter anderem beispielsweise die Erzwingung der Einhaltung aller gemeinschaftsbezogenen Pflichten des Verwalters im vereinfachten Außerstreitverfahren, eine effizientere Prüfung der Richtigkeit der Abrechnungen, oder leichtere Kündigungsmöglichkeiten des Verwaltervertrags.

Auch zum Schutz der Käufer einer Eigentumswohnung gibt es durchaus Regelungen in unserem Gesetz, die den Bauträger beschneiden. Bauträger sind ja oft phantasievoll, wie sie sich Folgegeschäfte sichern wollen, zum Beispiel mit Tochterfirmen, die verschiedene Dienstleistungen anbieten (z.B. Hausmeisterservice, Verwaltung, Gartendienste). Da werden oft von Bauträgern mit den wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen langfristige Verträge mit üppigen Honoraren vereinbart, welche die Eigentümergemeinschaft übernehmen soll, zum Nachteil der Wohnungseigentümer. Dagegen hilft oft die Regelung des § 38 WEG, wonach Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, rechtsunwirksam sind. Ein Beispiel: Ein vom Bauträger auf 10 Jahre unkündbar und mit teurer Prämie abgeschlossener Versicherungsvertrag kann von der Eigentümergemeinschaft auch schon vorher gekündigt werden, die 10-jährige Bindung ist rechtsunwirksam.

WiE: "Ohne dass Sie das deutsche Wohnungseigentumsgesetz und den Referentenentwurf kennen, was müsste in jedem Wohnungseigentumsgesetz unbedingt zugunsten der Wohnungseigentümer wie geregelt werden? Haben Sie da Ideen?"

Walter Rosifka: „Ein gutes Wohnungseigentumsgesetz muss unbedingt ausreichend Kontroll- und Einsichtsrechte für die einzelnen Eigentümer vorschreiben und einen effektiven Rechtschutz ermöglichen. Es muss die Pflicht des Verwalters zur sparsamen und zweckmäßigen Verwendung der Gelder der Eigentümer sicherstellen! Wenn es für die einzelnen Wohnungseigentümer keine gute und einfache Möglichkeit gibt, sich gegen Malversationen (Betrügereien, Untreue) oder gegen eine unvernünftige Wirtschaftsführung zur Wehr zu setzen, dann ist das Wohnungseigentumsgesetz zahnlos.“

WiE: Wir danken Ihnen sehr herzlich für das Gespräch.