28.05.2019. Was Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, von der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes erwartet und wo sie dringend Reformbedarf sieht, lesen Sie im Interview mit Wohnen im Eigentum.

WiE: „Was sollte/n aus Ihrer Sicht das Ziel bzw. die Ziele der Gesetzreform sein und in welchen Bereichen Sehen Sie den größten Reformbedarf?“

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Wir brauchen dringend eine große WEG-Reform. Aus unserer Sicht ist das Wohnungseigentumsgesetz hoffnungslos veraltet und wenig transparent. Ohne einen Blick in den Kommentar ist es nicht möglich, sich die Rechtslage zu erschließen. Vieles beruht auch nur auf Richterrecht. Durch eine WEG-Reform sollte dies verbessert werden. Jede fünfte Wohnung in Deutschland befindet sich in einem Gebäude mit Eigentumswohnungen. Die Eigentumswohnung ist sowohl für private Vermieterinnen und Vermieter wie auch für Selbstnutzer ein wichtiges Element der Altersvorsorge. Deshalb wurde auf Initiative von CDU und CSU eine Reform des Wohnungseigentumsrechts im Koalitionsvertrag vereinbart.“

WiE: „Ein paar Stichworte: Was müsste aus Ihrer Sicht geändert werden?“

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Ein wichtiger Punkt ist für uns die Harmonisierung von WEG- und Mietrecht. Oftmals gibt es in Wohnungseigentümergemeinschaften Konflikte aufgrund einer fehlenden Verzahnung der beiden Rechtsgebiete. Dies betrifft zum Beispiel Gebrauchsregelungen, Instandsetzungen, Modernisierungen, die Jahresabrechnung oder auch Kostenverteilungs- und Umlageschlüssel.

Unsere Gesellschaft steht auch vor großen Herausforderungen, was Klimaschutz und Demographie angeht. Von daher muss die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer – insbesondere hinsichtlich baulicher Veränderungen in Bezug auf Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung der Elektromobilität und Einbruchsschutz erleichtert werden. Dazu bedarf es einer Flexibilisierung und zeitgemäßen Anpassung der Regelungen zur Kostentragung bei baulichen Veränderungen und Aufwendungen am Gemeinschaftseigentum. Auch bedarf es der Beseitigung schwerfälliger formaler Anforderungen an die Beschlussfähigkeit von Eigentümerversammlungen.

Wir wollen im Übrigen die Verwaltungsbeiräte stärken. Sie sind oftmals Experten in Bezug auf die Immobilie und können am besten Verwalterinnen und Verwalter kontrollieren und unterstützen. Sie brauchen mehr Kompetenzen, um dieser verantwortungsvolle Aufgabe – insbesondere in großen Wohnungseigentümergemeinschaften – nachkommen zu können.

Last but not least sollte auch die Digitalisierung in die WEG Einzug halten können. So kann ich mir zum Beispiel Online-Eigentümerversammlung vorstellen, wenn die WEG das wünscht.“

WiE: „Sind Sie der Meinung, dass bei der Reform des WEG-Gesetzes auch der Verbraucherschutz mit im Auge behalten oder sogar stark berücksichtigt werden sollte?“

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „WEG-Recht ist Verbraucherschutzrecht! Für die meisten Menschen ist der Erwerb einer Eigentumswohnung eine der wichtigsten wirtschaftliche Entscheidungen im Leben. Dafür braucht es ein klares und eindeutiges WEG. Ein Beispiel ist die 'werdende WEG'. Hierzu gibt es bisher nur Rechtsprechung. Ein Gesetz, welches die damit verbundenen Probleme regelt, würde hier weiterhelfen.“

WiE: „WiE führt gerade eine Umfrage unter Wohnungseigentümern durch um zu erfragen, was die Eigentümer selbst wollen. Was halten Sie davon, die Wohnungseigentümer als direkt Betroffene über das Gesetzgebungsverfahren laufend zu informieren und sogar zu befragen? Oder meinen Sie, dass das Thema für sie zu kompliziert und daher eher eine Sache für Fachleute ist, also in erster Linie Juristen?“

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Die Wohnungseigentümer können sich - wie jeder Bürger in jedem Gesetzgebungsverfahren – sowohl über Fachverbände wie Wohnen im Eigentum informieren lassen und einbringen, als auch sich unmittelbar an die Abgeordneten wenden. So findet es ja bereits laufend statt.“

WiE: „Angesichts der wieder erstarkten Klimaschutzdiskussion gibt es politischen Druck aus dem Verkehrs- und Umweltministerium und sicherlich auch von der Autoindustrie, die Schaffung von Ladestationen für E-Autos in Wohnungseigentumsanlagen vorrangig zu regeln. Halten auch Sie dieses Anliegen für wichtig genug, um es vorzuziehen vor eine umfassende Reform des WEG-Gesetzes oder besteht dann die Gefahr, dass eine umfassende Modernisierung des WEG-Gesetzes auf die nächste Legislaturperiode oder sogar auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben wird?“

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Nein, aus meiner Sicht sollte es eine Reform des WEG-Rechts aus einem Guss geben. Ich halte nichts von einer Abtrennung. Wir erwarten die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe in diesem Sommer und einen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Herbst. Ein nennenswerter Zeitgewinn würde sich aus einer Abtrennung sowieso nicht ergeben.“

WiE: "Zum Abschluss: Haben Sie selbst eine Eigentumswohnung?"

Elisabeth Winkelmeier-Becker: „Ja!“

WiE: "Frau Winkelmeier-Becker, vielen Dank für das Interview."

Lesen Sie hier weitere Interviews mit Berichterstattern der Bundestagsfraktionen im Rechtsauschuss des Deutschen Bundestags, der für die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes federführend ist. Die Interviewreihe wird sukzessive erweitert.