10.12.2019. Die aktuellen Vorschläge der Bund-Länder-AG zur WEGesetz-Reform waren Thema einer Online-Diskussionsrunde, zu der Wohnen im Eigentum (WiE) am 2. Dezember eingeladen hatte. Unter dem Titel „Mehr Macht für Verwalter ?!“ diskutierten Gabriele Heinrich, Vorstand von WiE, und Rechtsreferentin Birgitt Faust-Füllenbach mit Mitgliedern und Interessierten.

Julia Batist, neu im Team von WiE, führte als Moderatorin durch die Online-Diskussionsrunde. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Auswirkungen die Reformvorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (Abschlussbericht) für die Wohnungseigentümer haben können. Ob die Vorschläge so oder in abgewandelter Form in den Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums Eingang finden werden, bleibt abzuwarten. Der Entwurf soll spätestens Ende des Jahres vorliegen.

Verband WEG soll Träger der Verwaltung werden

Zu Beginn erläuterte WiE-Rechtsreferentin Birgitt Faust-Füllenbach, dass es – nach den derzeitigen Empfehlungen der Bund-Länder-AG – einen Systemwechsel geben wird, hin zum „Verband WEG“. Demnach soll künftig der Verband Träger der Verwaltung werden, was weitreichende Auswirkungen haben wird – insbesondere mit Blick auf die Frage der Haftung.

Anhand der exemplarischen Frage „Wer haftet bei einem Schaden am Sondereigentum, der durch einen Schaden am Gemeinschaftseigentum entstanden ist?“ zeigte Faust-Füllenbach auf, dass der einzelne Wohnungseigentümer künftig Ansprüche auf Schadensersatz ausschließlich gegen den Verband WEG geltend machen kann, wenn die Vorschläge der Bund-Länder-AG, so wie sie im Abschlussbericht enthalten sind, umgesetzt werden. Die WEG als Verband haftet demnach gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern – und müsste dann in einem gesonderten Schritt gegen den Schädiger, zum Beispiel den Verwalter oder einzelne Miteigentümer, vorgehen und diesen in Regress nehmen.

„Garantiehaftung“ des Verbands WEG?

Bei den Teilnehmern der Diskussionsrunde stieß diese geplante „Garantiehaftung“ (so eine Bezeichnung des BGH) auf große Kritik. Sie befürchten, wie auch Wohnen im Eigentum, dass damit die Zahl der Rechtsstreitigkeiten deutlich zunehmen wird – und das, obwohl die WEGesetz-Reform es zum Ziel hat, die Verwaltung zu vereinfachen und das Wohnungseigentum attraktiver zu machen. Dass einzelne Wohnungseigentümer künftig gerichtlich gegen ihre Wohnungseigentümergemeinschaft vorgehen müssen, um Ansprüche geltend zu machen, halten viele, das wurde in der Runde deutlich, für schwierig.

Obwohl das Verfahren insgesamt aufwändiger und komplizierter würde, würde es für die einzelnen Wohnungseigentümer aber auch klarer, darauf wies Heinrich hin. So lautet auch das Argument der AG: Mit der geplanten Änderung schaffe man klare Rechtsbeziehungen und das Ausfallrisiko sinke, da dem Geschädigten der ganze Verband mit seinem Vermögen zur Verfügung stehe.

Stärkung des Verwalters?

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in der Diskussionsrunde Thema war: die Befugnisse des Verwalters. Im Innenverhältnis (zur WEG) soll nach Vorstellungen der Bund-Länder-AG der bisherige § 27 WEGesetz, in dem die Pflichten und Aufgaben des Verwalters aufgezählt werden (Enumerationsprinzip), wegfallen und durch eine Generalklausel ersetzt werden: "Der Verwalter soll die Kompetenz haben, über Maßnahmen zu entscheiden, bei denen die Einberufung einer Versammlung nicht erforderlich oder nicht geboten erscheint. Diese Kompetenz soll aber durch Mehrheitsbeschluss beschränkbar sein, so dass die Wohnungseigentümer generell oder im Einzelfall Entscheidungen, die zukünftig unter die gesetzliche Kompetenz des Verwalters fallen, an sich ziehen können.“ (Abschlussbericht der Bund-Länder-AG, Seite 30).

Was das Außenverhältnis angeht, soll der Verwalter, so der Vorschlag der AG, unbeschränkte Vertretungsmacht erhalten (s. Abschlussbericht Seite 15). D.h. ohne eine Vollmacht oder einen Beschluss gegenüber Dritten nachweisen zu müssen, kann er Aufträge an Handwerker vergeben oder Verträge abschließen. Das neue Risiko besteht dann darin, dass alle vom Verwalter in Auftrag gegebenen Maßnahmen oder Vertragsabschlüsse für die WEG bindend sind und sie dafür haften muss, unabhängig davon, ob der Verwalter mit oder ohne Beschluss gehandelt hat.

Stärkung des Verwaltungsbeirates?

Der Verwaltungsbeirat ist derzeit kein verpflichtendes Organ. Daran soll sich nach den Vorschlägen der AG auch nichts ändern. Auch eine Neuregelung der gesetzlichen Kompetenzen des Verwaltungsbeirats wird in dem Abschlussbericht nicht empfohlen.

Kritik von Wohnungseigentümern

Die Vorschläge stießen bei vielen Diskussionsteilnehmern auf Kritik. „Eine Entmachtung der Wohnungseigentümer bei einer gleichzeitigen Stärkung der Verwaltung – so stelle ich mir eine Reform nicht vor“, sagte einer der Wohnungseigentümer. „Ich bin ziemlich enttäuscht von den Vorschlägen“, lautete das Fazit eines anderen Teilnehmers, „ich sehe keine Weiterentwicklung beim Verwaltungsbeirat und andererseits eine massive Stärkung der Verwalter. Das ist nicht das, was ich mir erhofft habe.“ Eine Wohnungseigentümerin wählte deutliche Worte: „Ich bin entsetzt über die Vorschläge – ein erschreckendes Szenario, wie sich die Verwalter stärken“.

Gabriele Heinrich machte denn auch die Position von WiE deutlich: „Wir lehnen die Einführung einer Generalklausel im Innenverhältnis ab und fordern eine Einschränkung der Kompetenzen des Verwalters im Außenverhältnis“, stellte sie klar. Zudem betonte sie, dass die Aufgaben des Verwaltungsbeirats gesetzlich konkretisiert werden müssen, um das Amt des Beirats zu stärken und attraktiver zu machen. Lesen Sie in dem Zusammenhang das aktuelle Positionspapier von WiE „Die Eigentümer wollen das ‚Sagen‘ behalten“

Punktuelle Verbesserungen

Bei all der Kritik an den Reformvorschlägen konnte Birgitt Faust-Füllenbach auch einige Verbesserungen nennen. So soll u.a. die Einberufungsfrist für Eigentümerversammlungen von derzeit 2 auf 4 Wochen verlängert werden und es soll künftig möglich sein, online an Eigentümerversammlungen teilzunehmen. Des Weiteren soll das Recht der Wohnungseigentümer auf Akteneinsicht bei der Verwaltung und der Anspruch auf eine Eigentümerliste gesetzlich verankert werden – all diese Punkte gingen konkret auf die Forderungen von WiE zurück, so Gabriele Heinrich.

Am Ende der Diskussionsrunde appellierte Gabriele Heinrich an alle Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer: „Schreiben Sie an die zuständigen Abgeordneten im Bundestag oder an das Bundesjustizministerium, was Sie von den Reformvorschlägen halten, und informieren Sie andere Eigentümer, die Sie kennen, über den Stand der Reform und die geplanten Änderungen.“ WiE wird sich weiterhin intensiv dafür einsetzen, dass der angedachte Systemwechsel in der WEG-Verwaltung nicht in der Form wie von der Bund-Länder-AG vorgeschlagen kommen wird.

Ausführliche Informationen zur WEGesetz-Reform, unter anderem die WiE-Stellungnahme „Die Eigentümer wollen das ‚Sagen‘ behalten“, finden Sie unter https://www.wohnen-im-eigentum.de/politik/wohnungseigentumsgesetz