Gesetzentwurf: Reine Online-Eigentümerversammlung schon mit einer ¾ Mehrheit / Bundesrat lehnt Regelung ab / WiE sieht gesetzlichen Anspruch auf hybride Versammlung als Alternative

30.01.2024. Der Deutsche Bundestag hat am 18. Januar 2024 über eine geplante Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes in erster Lesung beraten. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) lehnt diese in seiner aktuellen Stellungnahme vehement ab. Danach sollen Wohnungseigentümergemeinschaften künftig Eigentümerversammlungen rein virtuell durchführen können, wenn eine 3/4-Mehrheit dies beschließt. Obwohl mehrere Verbände, darunter WiE, sowie der Bundesrat den Gesetzentwurf kritisieren, hält die Bundesregierung an dem Gesetzentwurf fest. WiE sieht einen gesetzlichen Anspruch auf Online-Teilnahme als sinnvolle Alternative, um die Digitalisierung in Wohnungseigentümergemeinschaften zu fördern, eine Teilnahme in Präsenz muss aber immer möglich bleiben. 

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach die Einführung der reinen Online-Eigentümerversammlung erleichtert werden soll. Es soll künftig eine ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichen, um eine rein virtuelle Versammlung durchzuführen. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum lehnt das Vorhaben in seiner aktuellen Stellungnahme ab, da die Gefahr besteht, dass ältere, hörgeschädigte und bildungsbenachteiligte Eigentümer*innen ausgeschlossen werden. Die Tür der Präsenzteilnahme muss weiterhin offengehalten werden – damit keine Wohnungseigentümergemeinschaften gespalten werden.

„Das Argument des Gesetzgebers, mit der Digitalisierung der Eigentümerversammlung könne man die Herausforderungen der Energie- und Klimawende reduzieren, ist vorgeschoben“, sagt WiE-Vorständin Gabriele Heinrich. „Es wird keine Heizung schneller ausgetauscht werden, nur weil die Entscheidung darüber per Videokonferenz erfolgt.“ Beschlüsse würden durch eine reine Online-Eigentümerversammlung nicht schneller und auch nicht besser gefasst, zeigen Erfahrungen von WiE-Mitgliedern. WiE kritisiert auch, dass das Wohnungseigentumsgesetz ohne Teilnahme der Wohnungseigentümer*innen geändert werden soll. „Statt einer vernünftigen Evaluation des Bedarfs lässt sich die Bundesregierung, vor allem das Bundesjustizministerium, allein von Lobbyinteressen und dem Glaubenssatz, dass Digitalisierung alle Probleme löst, leiten“, kritisiert Heinrich. „Beides stellt sie über die Kernrechte der Wohnungseigentümer*innen.“

Anspruch auf hybride Versammlung als Alternative

Als Alternative zum aktuellen Gesetzentwurf schlägt Wohnen im Eigentum einen gesetzlichen Anspruch auf eine hybride Versammlung vor. Um das Ziel der Digitalisierung der Eigentümerversammlungen zu erreichen, wäre es sinnvoller, die bereits vorhandene gesetzliche Möglichkeit, hybride Versammlungen abzuhalten, auszubauen und zu stärken. „Mit einem gesetzlichen Anspruch auf Online-Teilnahme würde die vom Gesetzgeber gewollte Inklusion erreicht werden, ohne die Rechte derjenigen Eigentümer*innen einzuschränken, die nur in Präsenz teilnehmen können“, so Heinrich.

Privilegierung von Steckersolargeräten sollte erweitert werden

Die Bundesregierung hat in dem Gesetzentwurf die Regelung zur virtuellen Eigentümerversammlung mit der Privilegierung von Steckersolargeräten verbunden. Dass Steckersolargeräte als privilegierte Maßnahme ins Wohnungseigentumsgesetz aufgenommen werden, begrüßt WiE grundsätzlich. Allerdings sollte die Regelung laut WiE ergänzt werden. „Zum einen sollte der Umfang der Nutzung präzisiert werden“, fordert Rechtsreferent Michael Nack. Zudem sollten im Sinne der Energiewende auch größere PV-Anlagen auf Dachflächen von Wohnungseigentümergemeinschaften privilegiert werden. Diese energetisch viel weitreichendere Regelung, um die Energiewende in WEGs zu fördern, bleibt bisher völlig unbeachtet.

Nähere Informationen zu den Argumenten von WiE gegen die rein virtuelle Eigentümerversammlung lesen Sie auf der WiE-Themenseite "Streitpunkt: Reine Online-Eigentümerversammlung".