Klarstellungen des BGH zur Verwalter-Haftung und Schadensersatzpflicht bei Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum

26.03.2024. Werden am Gemeinschaftseigentum Baumaßnahmen durchgeführt, muss die Verwaltung diese überwachen. D.h. sorgfältig prüfen, ob die Leistungen erbracht und Vorschuss-  oder Abschlagszahlungen berechtigt sind. Kommt die Verwaltung diesen Pflichten nicht nach und zahlt trotz Mängeln und Schäden, macht sie sich schadensersatzpflichtig. Das hat der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil (Az. V ZR/162 22) klargestellt.

Die Pflichten der Verwaltung bei der Ausführung von Werkverträgen sind beachtlich. Kommt die Verwaltung diesen Pflichten nicht nach, haftet sie für die Schäden, die einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) durch unberechtigterweise geleistete Vorschluss-, Abschlags- oder Schlusszahlungen entstanden sind. Sie haftet nur dann nicht, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung noch nachträglich vom Werkunternehmen erbracht werden kann.

Der Fall: Nicht fertiggestellte Dacherneuerung

Im verhandelten Fall hat eine WEG ihren Verwalter auf Schadensersatz verklagt. Die WEG hatte eine Dacherneuerung mit einem Volumen von rund 117.000 Euro in Auftrag gegeben. Zunächst stellte das Dachdeckerunternehmen eine Vorschuss- oder Abschlagsrechnung in Höhe von 61.872 Euro für Baumaterial. Der Verwalter überwies daraufhin 70.000 Euro in fünf Tranchen an das Unternehmen. Nach Beginn der Bauarbeiten bezahlte der Verwalter einen Betrag von 34.500 Euro (in sechs Teilzahlungen) – obwohl hierfür keine Abschlagsrechnungen gestellt waren und nicht geprüft worden war, ob die Leistungen erbracht waren.

Die Arbeiten am Dach wurden schließlich bei erst 85-90 Prozent erbrachter Bauleistungen eingestellt. Ein von der WEG eingeholtes Privatgutachten bezeichnete die erbrachten Arbeiten als mangelhaft und unbrauchbar; zur Beseitigung der Mängel sei der Abriss der bisherigen Arbeiten erforderlich.

Nachdem das Amtsgericht Essen-Borbeck der WEG Recht gegeben hatte, wies das Landgericht Dortmund die Klage ab. Der Bundesgerichtshof hob nun die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung dorthin zurück.

Der BGH machte deutlich, dass es im vorliegenden Fall Hinweise gebe auf eine Pflichtverletzung der Verwaltung.

Wann haftet die Verwaltung?

Der Bundesgerichtshof hat hier folgende Leitlinien aufgestellt (siehe Urteil Az.V ZR /162 22): WEG-Verwaltungen müssen die Berechtigung und Angemessenheit der Zahlungsaufforderungen überprüfen und bei Vorschusszahlungen die Absicherung der Gemeinschaft durch Eigentumsübertragung oder Sicherheitsleistungen sicherstellen. Bevor eine Abschlagszahlung geleistet wird, muss die Verwaltung prüfen, ob diese grundsätzlich und der Höhe nach gerechtfertigt ist. Wenn eine WEG einen Vertrag über Baumaßnahmen mit einem Unternehmen geschlossen hat, ist die Verwaltung verpflichtet, die Durchführung dieser Arbeiten „wie ein Bauherr“ zu überwachen und abzunehmen. In der Regel sollte die Prüfung nach einer vom Werkunternehmen gemäß § 632a Abs. 1 Satz 5 BGB vorzulegenden Aufstellung erfolgen, „die eine rasche und

sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss.“ Zumindest stichprobenartig muss geprüft werden, ob die Abschlagsrechnung zum Auftrag, dem angelieferten Material und der erbrachten Leistungen passt. Fehlt eine solche Aufstellung, hat die Verwaltung die Zahlungsaufforderung nicht überprüft oder gibt es nicht einmal eine Rechnung, dann besteht keine Zahlungspflicht und die Verwaltung macht sich schadensersatzpflichtig, wenn sie trotzdem Abschlagszahlungen leistet.

Beschluss einholen bei fehlender Sach- und Fachkompetenz der Verwaltung

Nicht jede Verwaltung verfügt über die erforderliche Sach- und Fachkompetenz, besonders wenn es um umfangreiche Sanierungen geht. In diesem Fall muss die Verwaltung die WEG auf ihre fehlende Fachkompetenz hinweisen und einen Beschluss über eine überwachende Tätigkeit durch Sonderfachleute (Architekten, Bau-Ingenieure o.a.) einholen. Holt sich die Verwaltung keine Zusage (Beschluss) von der WEG, einen Baubetreuer mit der Bauüberwachung zu beauftragen, ist dies auch eine Pflichtverletzung und die Verwaltung macht sich damit ebenfalls schadensersatzpflichtig.

Allerdings kann die WEG nur dann den Schaden von der Verwaltung geltend machen, wenn das Bauunternehmen die Bauleistungen nicht mehr erbringt oder erbringen kann. Solange die Baumaßnahme noch nicht abgenommen ist, muss die WEG die Fertigstellung oder Mängelbeseitigung vom Bauunternehmen verlangen. Gegebenenfalls muss die Verwaltung der WEG auch „nur“ die Differenz zwischen der erbrachten Leistung und der Überzahlung ersetzen.

 

Grundlegene Informationen zu Erhaltungsmaßnahmen und baulichen Veränderungen finden Sie auf unserer Themenseite "Modernisierung".