09.03.2023. WiE-Mitglied Karin S. ist Eigentümerin einer Wohnung in einer Seniorenresidenz. Alle Bewohner müssen laut Teilungserklärung einen Betreuungsvertrag mit dem dort ansässigen Senioren-Service abschließen. Diesen überlegt sie nun zum Ende der Mindestlaufzeit von zwei Jahren zu kündigen, da sie die Leistungen nicht nutzt und diese auch als zu kostenintensiv empfindet. Lesen Sie wichtige Hinweise von WiE am Ende, was Sie beim Konzept „Betreutes Wohnen“ beachten sollten.

„Ich habe mir 2021 eine neue Eigentumswohnung in einer WEG gekauft, weil mir die Wohnung sehr gut gefällt. Die Anlage wird zwar als ‚Seniorenresidenz‘ bezeichnet, dies spielte für meine Kaufentscheidung allerdings keine Rolle.

Der Begriff ‚Seniorenresidenz‘ dient in meinen Augen ohnehin in erster Linie der Vermarktung. Er definiert sich allein über die Festlegung in unserer Teilungserklärung, dass die Anlage dem Zweck des ‚Betreuten Wohnens‘ (Gebrauchsregelung) dient. Es dürfen nur Eigentümer und Mieter ab 55 Jahren dort wohnen oder Bewohner, die entweder erwerbsunfähig, pflegebedürftig oder schwerbehindert sind. Unsere Wohnungseigentumsanlage hat einen Aufzug und einen Gemeinschaftsraum für gemeinsame Aktivitäten.

Außerdem enthält die Teilungserklärung die Verpflichtung, dass jeder Bewohner, Eigentümer oder Mieter, einen Vertrag mit einem Senioren-Service, der Büros im Haus gemietet hat, schließen muss. Dieser Service-Vertrag umfasst folgende Leistungen: einen wöchentlichen Lebensmitteleinkauf, kostenlose Beratungsangebote rund um Behördengänge und das Thema Pflege sowie ein Veranstaltungsangebot – für insgesamt knapp 50 Euro monatlich. Weitere Leistungen können dazu gebucht werden bzw. werden vom Senioren-Service vermittelt, diese müssen dann extra vergütet werden. Der Vertrag hat eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren. Da ich diese Dienstleistungen bisher aber überhaupt nicht nutze und man sich auch bei anderen Stellen kostenlos beraten lassen kann, habe ich überlegt, ob es möglich ist, den Vertrag zum Ende der Zwei-Jahres-Frist zu kündigen.

Zu dieser Frage habe ich mich vor kurzem von einer Anwältin über WiE rechtlich beraten lassen, da ich nicht wusste, inwieweit die Teilungserklärung mich zwingt, den Vertrag mit dem Senioren-Service aufrecht zu erhalten. Das ist offenbar nicht der Fall, wie ich erfahren habe – denn eine Verpflichtung zum Abschluss eines Betreuungsvertrags darf wohl maximal zwei Jahre lang gelten (siehe nähere Hinweise von Wohnen im Eigentum weiter unten).

Die meisten Mitbewohner sind Mieter und bereits einige Jahre älter. In einigen Wohnungen leben die Eltern der Eigentümer, die hoffen, dass ihre Angehörigen dort gut aufgehoben bzw. betreut sind.

Mein Eindruck ist, dass die Anbieter von Betreuungskonzepten einen großen Spielraum in der Ausgestaltung von Service-Verträgen haben, da betagte Senioren häufig nicht kritisch genug nachfragen. Und um einen eventuellen Konflikt mit dem Vermieter zu vermeiden, werden Mieter diese Verträge kaum kündigen, selbst wenn sie die Angebote nicht nutzen und die Vermieter haben keinen Anlass, diesen in Frage zu stellen.

Daher rate ich anderen Wohnungseigentümern bzw. Kaufinteressenten: Beim Konzept ‚Betreutes Wohnen‘ muss man ganz genau hinschauen: Was wird geboten, wie hoch sind die Kosten und benötige ich das wirklich? Wenn man pflegebedürftig wird und Hilfe benötigt, muss man ohnehin nach anderen Lösungen suchen, z.B. einen Pflegedienst beauftragen, sofern man keine Angehörigen hat, die die Pflege übernehmen können.“

Hinweise von Wohnen im Eigentum:

  • Möchten Sie eine Eigentumswohnung kaufen, lassen Sie vorher nicht nur den Kaufvertrag, sondern auch die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentumsanlage prüfen. WiE bietet Mitgliedern Vertragsprüfungen an. Diese Urkunden sind das „Kleingedruckte“ bei Wohnungskaufverträgen. In ihnen sollten sich keine Regelungen finden, welche die Wohnungseigentümer*innen benachteiligen und über Jahre knebeln.
  • Enthält die Teilungserklärung eine Verpflichtung, einen Betreuungsvertrag mit einem bestimmten Unternehmen abzuschließen (Kontrahierungszwang), darf diese maximal zwei Jahre gelten (BGH-Urteil vom 10.1.2019 III ZR 37/18). Andernfalls ist der Kontrahierungszwang nichtig (ungültig).
  • Wohnen im Eigentum empfiehlt: In der Teilungserklärung sollte lediglich der Zweck „Betreutes Wohnen“ festgelegt sein. Welches konkrete Unternehmen den Betreuungsservice dann zu welchen Konditionen gewährleistet, muss den Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft überlassen bleiben. Sie kann dann bei Bedarf neu darüber entscheiden.