08.03.2019. Mit einem Stecker-Solargerät am Balkon oder auf der Terrasse können Sie auch als Haus-, Wohnungseigentümer/in oder Mieter/in selbst Strom produzieren – und zwar ohne viel Aufwand. Thomas Seltmann, Referent für Photovoltaik der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, erläutert im Interview mit Wohnen im Eigentum (WiE), wie die Geräte funktionieren und welche Sicherheitsstandards Sie beachten sollten.

WiE: Sogenannte „Stecker-Solargeräte“, die Bewohner an der Balkonbrüstung, auf der Terrasse oder auf dem Garagendach anbringen können, sind einfach zu handhaben. Was macht sie attraktiv?

Thomas Seltmann: „Stecker-Solargeräte sind deshalb so attraktiv, weil sie technisch sehr einfach sind – im Grunde fast so einfach wie ein Smartphone – und auch nur so viel wie ein mittleres Smartphone kosten. Mit ab etwa 350 Euro sind die Kosten für diese Anschaffung recht überschaubar. Und die Geräte sind attraktiv, weil sie Hauseigentümern, Mietern und Wohnungseigentümern die Möglichkeit bieten, selbst Solarstrom zu erzeugen und zu nutzen – und somit an der Energiewende teilzuhaben. Verbraucher profitieren jetzt davon, dass Photovoltaik so günstig geworden ist.“

WiE: Lohnt sich solch ein Gerät finanziell?

Thomas Seltmann: „Ja, man muss allerdings wissen, dass es sich eher um eine etwas langfristige Anschaffung handelt und sich die Kosten für ein Stecker-Solargerät erst nach einigen Jahren amortisiert haben. Mit einem Solarmodul mit knapp 300 Watt kann ich rund 50 Euro im Jahr an Stromkosten sparen – bei den aktuellen Strompreisen – und dies mindestens 20 Jahre lang. Bei hochwertigen Solarmodulen ist von einer Lebensdauer von mehr als 20 Jahren auszugehen.“

WiE: Welchen Anteil seines Stromverbrauchs kann denn ein Haushalt mit einem Stecker-Solargerät abdecken?

Thomas Seltmann: „Rund 200 Kilowattstunden (kWh) im Jahr, das ist ungefähr die Strommenge, die man für zwei Kühlschränke oder eine Waschmaschine jährlich benötigt. In der Regel deckt man mit dem Solarstrom also einen Teil seines Eigenbedarfs ab. Es entsteht im Normalfall also kein Überschuss, der ins öffentliche Netz eingespeist werden müsste.“

WiE: Muss ich als Verbraucher denn trotzdem das Gerät anmelden, bevor ich es in Betrieb nehme?

Thomas Seltmann: „Ja, das Gerät müssen Sie beim Netzbetreiber anmelden. Einige Netzbetreiber verlangen auch, dass der Zähler ausgetauscht wird, obwohl - wie gesagt - im Normalfall kein Strom ins öffentliche Netz gelangt.“

WiE: Was sollten Verbraucher beachten, wenn sie ein Stecker-Solargerät kaufen?

Thomas Seltmann: „Verbraucher sollten unbedingt ein anschlussfertiges Gerät mit Stecker kaufen, die gibt es im Internet oder im Baumarkt. Bitte Hände weg von Geräten, bei denen erst noch der Stecker an ein offenes Kabelende angebracht werden muss! Wir empfehlen Verbrauchern, sich am Sicherheitsstandard der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (https://www.pvplug.de/standard/) zu orientieren. Dann sind die anschlussfertigen Geräte, die es jetzt zu kaufen gibt, sicher – auch wenn Stromversorger und Behörden zum Teil das Gegenteil behauptet haben. In Deutschland und in einigen Nachbarländern sind bereits einige Hunderttausend Geräte im Einsatz und bisher ist kein einziger Schadensfall bekannt.“

WiE: Kann ich das Gerät selbst anschließen oder brauche ich einen Elektriker?

Thomas Seltmann: „Das Stecker-Solargerät kann darf an jeden Steckdosenstromkreis  angeschlossen werden. Ob mit Schukostecker, der in die haushaltsübliche Steckdose passt, oder einem Spezialstecker, darüber streiten die Fachleute noch. Aus unserer Sicht wäre ein einfacher Anschluss über Schukostecker für ein bis zwei Module mit maximal 600 Watt Leistung wünschenswert und ungefährlich. Wichtig ist, dass am Balkon oder auf der Terrasse eine geeignete Außensteckdose vorhanden ist, in die das Gerät eingesteckt werden kann. Wer sicher gehen und die Geräte an der Wand anbringen lassen will, kann natürlich einen Elektriker beauftragen."

WiE: Was müssen Mieter und auch Wohnungseigentümer beachten?

Thomas Seltmann: „Mieter sollten in ihren Mietervertrag schauen, in der Regel müssen sie ihre Vermieter fragen, bevor sie solch ein Gerät an der Balkonbrüstung anbringen. Wohnungseigentümer benötigen die Zustimmung ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft.“ (Weitere Informationen für Wohnungseigentümer siehe unten)

WiE: Gibt es Vorbehalte gegen die Geräte?

Thomas Seltmann: „Bei Hauseigentümern sind die Geräte im Kommen, weil sie einfach angebracht werden können. Wer nicht gleich in eine ´große` Photovoltaik-Anlage investieren möchte, beginnt erstmal im Kleinen mit einem Stecker-Solargerät. Wohnungsgesellschaften  fehlt meiner Erfahrung nach oft noch das Verständnis für die Solargeräte. Aber es tut sich etwas. Zum Beispiel hat kürzlich eine Wohnungsgenossenschaft in Delmenhorst im Rahmen der Sanierung an allen Balkonen Solarmodule für die jeweilige Wohnung angebracht. Für Mieter sind sie interessant – wie ja schon gesagt – und auch private Vermieter können stärker in diesem Bereich aktiv werden. Denkbar ist zum Beispiel, dass der Vermieter ein Stecker-Solargerät kauft und es dann an seinen Mieter zusammen mit der Wohnung vermietet.“

WiE: Werden die Stecker-Solargeräte Ihrer Einschätzung nach ein „Massenprodukt“ werden?

Thomas Seltmann: „Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel. Der Blick nach Holland zeigt, dass die Balkon-Solarmodule dort schon sehr stark nachgefragt werden. Was aus unserer Sicht wichtig ist: Wir brauchen einfache und nachvollziehbare Anwendungsregeln für den Verbraucher.“

WiE-Info für Wohnungseigentümer: Führt das Anbringen eines Steckersolargeräts am Balkon zu einer Veränderung des optischen Erscheinungsbildes des Gebäudes, kann die Zustimmung der anderen Eigentümer nicht verlangt werden. Wenn allerdings trotzdem ein Mehrheitsbeschluss zustande kommt, wird es für die damit nicht einverstandenen Eigentümer schwierig, den Beschluss anzufechten, da die optische Beeinträchtigung nach dem neuen WEGesetz alleine nicht mehr alleine als Anfechtungsgrund gelten dürfte. Nehmen Sie bei Fragen hierzu gerne unsere kostenlosen telefonischen Rechtsauskünfte für Mitglieder in Anspruch.

Informationen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen finden Sie hier.