04.02.2021. Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz, das seit 01.12.2020 in Kraft ist, hat jede Wohnungseigentümer*in Anspruch auf „angemessene bauliche Veränderungen“, die der Barrierefreiheit dienen (§ 20 Abs. 2). Lesen Sie hier, wie die Übernahme der Kosten dieser Maßnahmen gesetzlich geregelt ist und was Sie in dem Zusammenhang beachten sollten.

Jede einzelne Wohnungseigentümer*in kann auf eigene Kosten bauliche Maßnahmen zur Barrierefreiheit (sogenannte privilegierte Maßnahmen, zum Beispiel der Einbau einer Rampe, eines Treppenlifts, eines Aufzugs) durchsetzen, ohne dass dafür die Zustimmung der Miteigentümer*innen nötig ist. Allerdings darf die Eigentümergemeinschaft über das „Wie“ der Maßnahme, also über die Art der Aus- und Durchführung der Maßnahme, beschließen. Der neue gesetzliche Anspruch soll gerade mit Blick auf den demografischen Wandel Umbauten in Wohnungseigentumsanlagen vereinfachen – nach dem alten Wohnungseigentumsgesetz war für solche Maßnahmen eine doppelt qualifizierte Mehrheit der Eigentümergemeinschaft bzw. eine Zustimmung aller Eigentümer*innen notwendig, was in der Praxis häufig dazu führte, dass Maßnahmen nicht umgesetzt werden konnten.

Kostentragung

Folgendes sollten Sie in Bezug auf die Kosten wissen: Die Kosten für die Maßnahme müssen Sie als Antragsteller*in selbst tragen – und auch nur Sie dürfen die bauliche Veränderung dann nutzen, vorausgesetzt eine Einschränkung der Nutzung ist überhaupt möglich (wie z.B. bei einem Fahrstuhl). Natürlich können Sie den Antrag auch gemeinsam mit weiteren Eigentümer*innen stellen, um sich von Anfang an Kosten und Nutzung zu teilen. Mit Kosten sind nicht nur die Baukosten gemeint, sondern auch auf Dauer sämtliche Folgekosten wie Wartung, Reparaturen, Versicherung etc.

Wenn später weitere Eigentümer*innen verlangen, dass ihnen nach „billigem Ermessen“ die Mitnutzung gestattet wird, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) diesem Verlangen entsprechen – gegen eine angemessene Ausgleichszahlung für die bisher geleistete Investition sowie gegen eine anteilige Beteiligung an den künftig entstehenden Kosten (§ 21 Abs. 4 WEGesetz, „Nachzügler-Regelung“). Die Ausgleichszahlung muss die WEG per Beschluss festsetzen. Allerdings ist nicht klar, wie diese ermittelt werden soll – dies wird im Lauf der Zeit die Rechtsprechung konkretisieren müssen.

Beispiel Rampe - Nutzung kann nicht eingeschränkt werden

Verlangen Sie von der WEG, dass etwa durch eine Rampe die Treppen am Eingang überbrückt werden, dann können Sie das – wie oben ausgeführt – auf Ihre Kosten durchsetzen. Allerdings können eine solche bauliche Veränderung dann alle nutzen, das kann ja nicht eingeschränkt werden. Das Problem der Nachrücker*innen stellt sich nicht, die Folgekosten liegen „auf ewig“ bei Ihnen.

Alternativ könnten Sie daher auch einen „normalen“ Beschlussantrag einbringen, dass die WEG eine solche Rampe bauen soll, und hoffen, dass eine Mehrheit für den Beschluss zusammenkommt. Dann müssen zumindest alle Ja-Sager für die Rampe zahlen. Kommt der Beschluss sogar zustande mit einer Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der Stimmen, die zusammen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile besitzen (doppelt qualifizierte Mehrheit), dann werden die Kosten – und später auch alle Folgekosten – auf alle Eigentümer*innen verteilt. Sofern es in Ihrer WEG also eine (große) Mehrheit für eine solche Maßnahme zur Herstellung von Barrierefreiheit gibt, wäre dieser Weg besser für Sie als der, sich auf Ihren neuen Anspruch auf eine solche Maßnahme zu berufen.

WiE-Tipp: Finden Sie Mitstreiter*innen

WiE befürchtet in dem Zusammenhang, dass es in WEGs zu einer Fülle von unübersichtlichen Kosten- und Nutzungsregelungen kommen kann, wenn im Lauf der Zeit unterschiedliche Maßnahmen von verschiedenen Eigentümer*innen unterstützt oder verlangt und bezahlt werden - und dann später auch noch weitere „nachziehen“, die in eine Nutzung einsteigen möchten und dann eine oder mehrere Maßnahmen mitnutzen möchten. Bringen Sie dieses Problem in der Eigentümerversammlung zur Sprache und versuchen Sie, am besten zusammen mit Ihrem Beirat, möglichst häufig große „Koalitionen“ für gewünschte Maßnahmen zu erzielen, damit diese dann alle nutzen können und auch alle bezahlen müssen.

Weitere Hinweise:

  • Bei privilegierten baulichen Veränderungen, die einzelne Eigentümer*innen verlangen, hat die Eigentümergemeinschaft nicht nur einen Beschluss über das "Ob" zu fassen, sondern auch über das "Wie", das heißt, wie eine Maßnahme aus- und durchgeführt wird. Näheres hierzu lesen Sie im WiE-Ratgeber "Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen" ab Seite 241.