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Ein Interview mit Thomas Brandt, Fachanwalt und Autor des „Modernisierungsknigge für Wohnungseigentümer“

14.04.2010

Wohnen im eigentum: Modernisierungsratgeber gibt es viele – Warum ein spezieller Ratgeber für Wohnungseigentümer?

Thomas Brandt: Das liegt an den Besonderheiten der Wohnungseigentümergemeinschaften. Ein einzelner Hauseigentümer entscheidet allein, ob und welche Maßnahmen sinnvoll sind und durchgeführt werden. Das ist bei Wohnungseigentümern anders. In Wohnungseigentumsanlagen beschließen die Eigentümer gemeinsam über (fast) alle Maßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen. Und auch bei vielen Maßnahmen im Sondereigentum, also in der eigenen Wohnung, dürfen die Miteigentümer mitreden. Das bedeutet: Vor geplanten Modernisierungen müssen also nicht nur technische Fragen geklärt, sondern auch zahlreiche rechtliche Vorgaben beachtet werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Wie viele Eigentümer einer Maßnahme zustimmen müssen, hängt davon ab, ob sie als (modernisierende) Instandsetzung, als Modernisierung oder als bauliche Veränderung gilt. Bei Instandsetzungen genügt die einfache Mehrheit, bei baulichen Veränderungen müssen alle betroffenen Eigentümer zustimmen.
Für Laien sind die Unterschiede oft schwer nachzuvollziehen. Nicht alles, was als Modernisierung bezeichnet wird, ist es auch im juristischen Sinn. Die gleiche Maßnahme kann, abhängig von den Umständen, eine Instandsetzung, eine bauliche Veränderung oder eben eine Modernisierung sein. Ist die Heizung defekt, können die Eigentümer mit einfacher Mehrheit den Einbau einer neuen beschließen; funktioniert sie noch, müssen alle der neuen Heizung zustimmen. Für die Einstufung ist nicht unbedingt entscheidend, wie aufwendig oder wie teuer eine Maßnahme ist. Die Dämmung des Dachs kann eine Instandsetzung sein. Will ein Eigentümer oder ein Mieter Blumenkästen auf oder vor der Balkonbrüstung anbringen, ist dies eine bauliche Veränderung, der alle betroffenen Eigentümer zustimmen müssen.
Wie können sich Eigentümer einen Überblick verschaffen?
„Erste Hilfe“ bietet das Glossar im Modernisierungsknigge. Es enthält zahlreiche Beispiele  von A – Installation einer Alarmanlage – bis Z wie Zufahrt, die bei der Einordnung der Maßnahmen helfen. Im Zweifelsfall sollten sich die Eigentümer allerdings von einem Fachanwalt beraten lassen.

Was geschieht, wenn Maßnahmen falsch eingestuft werden?
Das kann gravierende Folgen haben. Wird eine Maßnahme nicht mit der richtigen, das heißt mit der vom Wohnungseigentumsgesetz geforderten Mehrheit beschlossen, kann ein Beschluss vom Gericht aufgehoben werden. Das Gleiche gilt, wenn Fehler bei der Vorbereitung gemacht wurden, wenn beispielsweise die Eigentümer nicht ausreichend informiert wurden, der Antrag unzureichend oder die Einladungsfrist zur Eigentümerversammlung zu kurz war. 
Immer häufiger klagen einzelne Eigentümer gegen Modernisierungen. Die Kosten muss oft die Eigentümergemeinschaft tragen. Außerdem verzögern sich viele Modernisierungsmaßnahmen, werden teurer als geplant oder unterbleiben ganz. Im schlimmsten Fall müssen Maßnahmen, die schon durchgeführt wurden, sogar rückgängig gemacht werden. 

Wie sollen Eigentümer vorgehen, wenn sie Modernisierungen planen?
Formlose Absprachen im Treppenhaus reichen nicht aus. Eigentümer müssen Maßnahmen ordnungsgemäß beschließen. Sie sollten in jedem Fall den Weg über die Eigentümerversammlung gehen und dort eine Entscheidung beantragen. In größeren Wohnanalagen oder bei umfangreichen Modernisierungen sind oft zwei oder gar drei Versammlungen nötig, ehe die ersten Handwerker beauftragt werden können. Es ist wichtig, die Maßnahmen sorgfältig zu planen und Schritt für Schritt vorzugehen. 
Unser Ratgeber begleitet Wohnungseigentümer, aber auch Verwalter, die Maßnahmen initiieren, auf dem Weg von der ersten Idee bis zum Abschluss. Er enthält zahlreiche Checklisten und Beispiele, an denen sie sich orientieren können.
So genügen einfache Formulierungen wie „Die Balkone sollen saniert werden“ nicht. Juristisch „wasserfeste“ Beschlüsse müssen sehr detailliert sein und Einzelheiten darüber enthalten, was getan werden soll, wie eine Maßnahme technisch durchgeführt werden soll, wer sie durchführen soll und nicht zuletzt – was es kostet und wer das alles zahlen soll oder muss.

Die Frage der Finanzierung ist ganz wichtig?!
Natürlich. Deshalb haben wir ihr ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem wir verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten, aber auch die wichtigsten Förderangebote vorstellen. Es ist im Übrigen sinnvoll, zwei getrennte Beschlüsse zu fassen, und zwar einen Beschluss über die Maßnahme selbst und einen zweiten über die Kostenverteilung. Dann ist das Anfechtungsrisiko geringer. Sind einzelne Eigentümer zwar im Prinzip für die geplante Maßnahme, aber mit der Kostenverteilung nicht einverstanden, können sie allein den Kostenbeschluss anfechten. Die Maßnahme kann dann wie beschlossen durchgeführt werden.

„Der Modernisierungs-Knigge für Wohnungseigentümer“. kann gegen Vorkasse zum Preis von 14,90 Euro (inklusive Versandkosten) für Mitglieder bei der Geschäftsstelle des Vereins, Thomas-Mann-Str. 5, 53111 Bonn, kundencenter@wohnen-im-eigentum.de, Tel. 0228/ 6297998, Fax 0228 / 721 58 73 bestellt werden. Für Nichtmitglieder kostet der Ratgeber 19,90 Euro.