15.06.2011
Modernisierung oder bauliche Veränderung? Diese Einschätzung ist für Reihenhauseigentümer und Mitglieder von Eigentümergemeinschaften von großer Bedeutung. Denn Modernisierungen können von 3/4 aller stimmberechtigten und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden (so genannte doppelt qualifizierte Mehrheit). Bei baulichen Veränderungen müssen alle betroffenen Eigentümer zustimmen.
Die Abgrenzung ist oft Ermessenssache – nicht nur für Laien: So stuften die Richter des Bundesgerichtshofs die Wiederherstellung der stillgelegten Schornsteine in einer Reihenhauszeile am 18. Februar 2011 als Modernisierung ein (V ZR 82/10). Wenn eine Maßnahme aus Sicht der Mehrheit der Eigentümer eine sinnvolle Erneuerung ist und den Gebrauchswert der Wohnanlage erhöht, müssen nicht alle betroffenen Eigentümer zustimmen, urteilten sie im Fall einer aus acht Reihenhäusern bestehenden Eigentümergemeinschaft.
Je zwei Häuser hatten sich ursprünglich einen Schornstein geteilt, der nur einen Zug hatte und jeweils ca. 25 cm tief in die Wohneinheiten hineinragte. Bei einer Umstellung des Heizungssystems beschlossen die Eigentümer im März 1999 einstimmig, die Schornsteine zu verschließen und die dazugehörigen Dachleitern abzureißen. Um die Schornsteine wieder nutzen zu können, wurde dieser Beschluss im Juli 2007 mit der doppelt qualifizierten Mehrheit aufgehoben.
Auch die BGH-Richter beurteilten die Wiederherstellung als Modernisierung, weil sie - so die Auffassung der Richter - den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig erhöht. Die Möglichkeit, das Haus zusätzlich durch einen Kamin oder Kaminofen zu heizen, steigert den Wohnkomfort. Außerdem ist eine zusätzliche Heizquelle gerade in Zeiten, in denen fossile Brennstoffe knapp und teuer werden, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Sie macht die Wohnungseigentümer unabhängiger und ermöglicht es, zumindest teilweise auf einen kostengünstigeren Energieträger auszuweichen. Die Eigentumswohnungen werden dadurch – auch auf dem Immobilienmarkt – attraktiver. Unerheblich ist es, so die Richter, ob durch die zusätzliche Heizquelle Energie eingespart wird.
Ob das Urteil zu mehr Klarheit beiträgt, wenn es um das schwierige Thema der Abgrenzung zwischen baulicher Veränderung und Modernisierung geht, bleibt abzuwarten und darf bezweifelt werden.