Der Verbraucherschutzverein wohnen im eigentum e.V. fordert politische Konsequenzen
17.1.2014 Mehr als 2000 Wohnungseigentümer im Raum Bonn fürchten aktuell um ihre Gelder, die vermutlich im Konten-Labyrinth ihrer Wohnungsverwaltung verschwunden sind. Eine Ursache für das Desaster: Das Geld lag auf Konten, die auf den Namen der Verwaltung liefen – auf sogenannten Treuhandkonten. Der Verbraucherverband kritisiert, dass die Sparkasse KölnBonn als eines der kontoführenden Institute trotzdem weiterhin Treuhandkonten anbietet anstatt vollständig auf die erheblich sichereren Fremdgeldkonten auf den Namen der Eigentümergemeinschaft umzustellen. Gegen solche Risiken verlangt wohnen im eigentum e.V. Vorsorgemaßnahmen und Reformen auf allen Ebenen – in Politik, bei den Kreditinstituten, in den Wohneigentümergemeinschaften (WEGs). In Deutschland gibt es 9,3 Millionen Eigentumswohnungen.
Das ganze Ausmaß der Katastrophe zeigte sich erst jetzt, als sich in dieser Woche 250 Betroffene in Bonn zu einer Informationsveranstaltung trafen, die der Verbraucherschutzverband veranstaltet hatte. Die Teilnehmer gehörten zu 73 geschädigten Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) im Umfeld der Bundesstadt mit weniger als zehn bis zu 100 Wohneinheiten. Sie gaben nach bisherigem Erkenntnisstand folgende Schätzungen für ihre Schäden ab: fünf WEG bis 10.000 Euro, 36 bis 50.000 Euro, 20 bis 200.000 Euro, zehn noch höher. Verbandsgeschäftsführerin Gabriele Heinrich: „Der Gesamtschaden dürfte in mehrfacher Millionenhöhe liegen.“
Das genaue Ausmaß der Schäden ist für die einzelnen WEGs derzeit nicht zuverlässig aufzuklären. Die Gelder wurden von der Verwaltung zwischen den Konten der WEGs hin- und hergebucht. Den WEGs wurden als Nachweis Kopien von Sparbüchern vorgelegt, bei denen die Namen der WEG, denen sie zugeordnet waren, gefälscht waren. So wurden dieselben Sparbücher mehreren WEGs vorgelegt. wohnen im eigentum e.V. moniert zudem, dass die Sparkasse KölnBonn und die Kreissparkasse Köln den Eigentümern Auskunft verweigern oder nur sehr zögerlich antworten. Denn obwohl es sich um das Geld der Eigentümer handelt, seien sie nach Auffassung der Geldinstitute nicht auskunftsberechtigt, da bei Treuhandkonten die Verwaltung Kontoinhaber sei. Deswegen berufen die Sparkassen sich auf das Bankgeheimnis. Nur in Einzelfällen hat der Verwalter wohl Vollmachten erteilt, so dass einzelne Eigentümer sich über den Kontostand informieren konnten.
Vergleichbare Desaster können im Prinzip jede Eigentümergemeinschaft treffen
Die schwarz-rote Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, auch die Wohnungseigentümer stärker als Verbraucher ernst zu nehmen. Der Verbraucherschutzverein wohnen im eigentum e.V., aber auch andere Verbände und Interessenvertretungen auf dem Wohnungsmarkt sind der Überzeugung, dass die neue Bundesregierung hier auf dem richtigen Weg ist. Das Ausmaß der Probleme sei jedoch bei weitem nicht erfasst.
Die Geschäftspolitik der Sparkassen
Viele – nicht alle – Kreditinstitute führen immer noch Treuhandkonten für WEG-Verwaltungen. Sie bieten sogar die Neueröffnung an. Selbst die Sparkasse KölnBonn hat das zugegeben. Wohnen im eigentum fordert: Keine Neueinrichtung von Treuhandkonten und zwingende Umstellung aller älteren Treuhandkonten. Dazu müssen Sparkassen und Banken die einzelnen Wohnungseigentümer und die WEGs beraten. Außerdem ist es ihre Aufgabe, bei den Eigentümern für eine sichere Kontoführung aktiv zu werben, diese über die weiteren Möglichkeiten zur Kontenkontrolle zu informieren. Doch das geschieht nicht. Denn noch heißt es: „Der Verwalter ist unser Kunde, nicht die Wohnungseigentümer.“
In Bonn kommt dazu, dass sämtliche Konten derzeit gesperrt sind. In Sorge um die verbliebenen Mittel hat eine betroffene WEG einen Pfändungstitel gegen den mutmaßlich unseriösen Verwalter erhalten. Damit wurden alle WEG-Konten blockiert, da sie als Treuhandkonten rechtlich Konten der Verwaltungsfirma sind und nicht klar ist, wem das Geld tatsächlich gehört. Andere Rechtsmittel erschweren außerdem die Klärung der Lage. Leidtragende sind die oftmals einfachen Wohnungseigentümer, die um ihr investiertes Geld fürchten und außerdem abwägen müssen, ob sie nun zusätzlich Geld ausgeben müssen für weitere Pfändungstitel und Gerichtsverfahren zur Entsperrung ihrer Konten.
Zusätzlich stehen die WEGs vor dem praktischen Problem, dass durch die Kontosperrung ihre laufenden Zahlungen an die Versorgungsunternehmen nicht erfolgen. Rechnungen bleiben liegen. Gläubiger werden immer unzufriedener.
Das Problem der oft rechtsunkundigen Eigentümer: Sie müssen rasch für eine neue Verwaltung sorgen, notfalls für eine Übergangslösung. Das ist aber wegen der zahlreichen Fallstricke im komplizierten deutschen Wohnungseigentumsgesetz mit zusätzlichen Risiken verknüpft. Nicht alle haben bisher neue Verwalter gefunden.
Kontoführung
Seit der Reform des Wohnungseigentumsrechts von 2007 sind Konten auf den Namen der einzelnen WEG möglich und das einzig Richtige: Dann haben die Eigentümer selbst Anspruch auf Kontoauskunft, das erleichtert die Kontrolle. Und eine Pfändung oder Insolvenz des Verwalters berührt die WEG-Konten nicht. wohnen im eigentum wirbt seit langem für eine sichere Kontoführung, zuletzt mit der Aktion „Sicherheitscheck für WEG-Konten“ (http://www.wohnen-im-eigentum.de/Eigentumswohnung/verwalter/treuhandkont...).
Verwalterausbildung
Die Forderung nach einer besseren Verwalterausbildung wird von wohnen im eigentum und auch von Verwalterverbänden erhoben. Sie hat in den Koalitionsvertrag der großen Koalition Eingang gefunden. Es ist bisher so: Jeder kann ohne nachprüfbare Ausbildung Wohnungsverwalter werden, obwohl er mit den Wohnungen Verantwortung für die größte Lebens-Investition vieler Eigentümer übernimmt. Die Aufgabe verlangt kaufmännische und technische sowie kommunikative Kompetenzen. Aber Ausbildung allein schützt nicht vor Unterschlagung, wie sich auch im Raum Bonn zeigt: Abrechnungen und Buchführung der Verwaltung im Raum Bonn sollen – abgesehen der Manipulationen - gut gewesen sein.
Verwalterkontrolle
Eine kontinuierliche Kontrolle der Wohnungsverwaltungen durch die Eigentümer und ihre Beiräte ist die einzige wirkliche Garantie gegen große Verluste. wohnen im eigentum unterstützt die Eigentümer und die Verwaltungsbeiräte durch Fortbildungen, Informationsmaterial und Vernetzung bei dieser anspruchsvollen Aufgabe. Hier sind gesetzliche Verbesserungen erforderlich und es wäre mehr staatliche Unterstützung wünschenswert: Es gibt 9,3 Millionen Eigentumswohnungen.