13.12.2022. Der Erbfall beruht meist auf dem Verlust eines geliebten Menschen. Trotz aller Trauer sollte man den Blick auf die rechtlichen und manchmal auch bürokratischen Vorgänge nicht verlieren. Nachfolgend einige Hinweise, die Sie beachten sollten, wenn Sie eine Eigentumswohnung erben.

Wenn Sie erben, werden Sie Gesamtrechtsnachfolger der Erblasser*in (des bzw. der Verstorbenen). Sie treten also in sämtliche Verträge ein und werden Eigentümer*in des Nachlasses. Gibt es kein Testament, greift die gesetzliche Erbfolge.

Wert des Nachlasses schnell feststellen

Die erste Frage bei einer Erbschaft ist, ob sie angenommen oder ausgeschlagen werden sollte. Ist die Erbschaft nämlich überschuldet – übersteigen also die Schulden der Erblasser*in das Vermögen – kann die Erbschaft nur innerhalb bestimmter Fristen ausgeschlagen werden. Sie beträgt sechs Wochen und beginnt bei gesetzlicher Erbfolge mit dem Zeitpunkt, wenn Sie als Erbende von dem Erbfall Kenntnis erlangen. Im Fall eines Testaments beginnt die Frist mit der Bekanntgabe (Testamentseröffnung) durch das Nachlassgericht und bei Auslandswohnsitz eines Erbes verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Um den Wert des Nachlasses beurteilen zu können, müssen sich Erbende einen Überblick über alle Vermögenswerte machen. Befindet sich im Nachlass eine Eigentumswohnung, gehört dazu nicht nur deren nomineller Wert, sondern auch, wie diese belastet ist. Es kann einen erheblichen Unterschied machen, ob auf ihr zum Beispiel die Grundschuld einer Bank aufgrund eines kaum abbezahlten Kredits lastet. Es kann auch eine Rolle spielen, ob für die Wohnung erhebliche Sonderumlagen fällig werden, weil dringende Sanierungen anstehen.

Erbschein

Um sich gegenüber Dritten (also z.B. Vertragspartner*innen der Erblasser*in) als Erbe bzw. Erbin ausweisen zu können, ist oft – aber nicht immer – ein sogenannter Erbschein erforderlich. Dieser wird vom Nachlassgericht ausgefertigt.

Grundbuchumschreibung

Bei den Grundbuchämtern ist für jedes Grundstück die Eigentümer*in eingetragen. Erben Sie eine Eigentumswohnung oder sonstigen Grundbesitz, sollten Sie das Grundbuch berichtigen lassen, damit Sie dort als Eigentümer*in eingetragen sind. Diese Umschreibung ist in den ersten beiden Jahren nach dem Erbfall kostenfrei möglich. Nach Ablauf dieser Frist fallen Gerichtskosten an.

Welche Dokumente für die Umschreibung erforderlich sind, regelt die Grundbuchordnung (GBO, § 35): Im Normalfall wird zwar ein Erbschein benötigt, liegt aber zum Beispiel ein notarielles Testament vor und wurde es vor dem Amtsgericht eröffnet, reichen die Vorlage dieses Testaments und des Eröffnungsprotokolls. Auch bei Grundstücken mit geringem Wert kann das Grundbuchamt auf die Vorlage eines Erbscheins verzichten (denkbar ist das zum Beispiel, wenn es nur um einen Stellplatz geht).

Hausgeldzahlungen

Erben Sie eine Eigentumswohnung ist es für Sie besonders wichtig, sich über die laufenden Hausgeldzahlungen zu informieren. Auch dann, wenn noch keine Grundbuchberichtigung erfolgt ist, tritt für Erbende die Pflicht zur Zahlung der Hausgeldvorauszahlungen ein.

Eigentümer*innen haben gemäß § 18 Abs. 4 WEGesetz einen Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen. Diesen Anspruch haben Sie auch als Erbende und damit neue Eigentümer*in. Nutzen Sie dieses Recht, um sich einen Überblick über die rechtliche Situation in der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verschaffen, indem Sie sich die Teilungserklärung und die Beschluss-Sammlung anschauen. Insbesondere Beschlüsse über Sonderumlagen müssen Sie beachten.

Erbschaftsteuer

Bei der Erbschaftsteuer gelten unterschiedliche Freibeträge und Steuersätze, und zwar abhängig von der Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses. Diese Regelungen finden sich in den §§ 15 und 16 ErbStG (Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz) und können von Ihnen nicht beeinflusst werden. Für Ehe- und Lebenspartnerschaften gilt ein Freibetrag von 500.000 Euro, für Kinder und Stiefkinder jeweils 400.000 Euro, für Enkel*innen 200.000 Euro. Die Freibeträge beziehen sich – wenn es mehrere Erbende gibt – auf den jeweiligen Anteil am Erbe. Da die Bewertung von Immobilien im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer ab 01.01.2023 geändert wird, könnte in dem Zusammenhang noch eine Erhöhung der Freibeträge durch den Bundesrat kommen (siehe Näheres hierzu hier). Dies wird derzeit kontrovers diskutiert.

Gehören Immobilien zur Erbmasse, berücksichtigt das Finanzamt bei der Ermittlung des Wertes des Nachlasses (hier stehen gesetzliche Änderungen zur Bewertung von Immobilien an), ob noch ein Darlehen offen ist.

Für die Berechnung des Wertes des Nachlasses im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung müssen Angaben zum Wert der Eigentumswohnung gemacht werden. Für die Berechnung dieses Wertes kommt es aber nicht nur auf den Zustand der Wohnung selbst, sondern des gesamten Gebäudes, also auch auf das Gemeinschaftseigentum an. In Anlagenvordrucken zur Erbschaftssteuererklärung sind deshalb Angaben zum Gebäudezustand zu machen, anhand derer die Wertermittlung nach pauschalisierten Qualitätsstufen für verschiedene Bauteile erfolgt. Hier die richtige Einordnung zu finden kann kompliziert sein und erfordert ggf. die Prüfung, ob seit Errichtung des Gebäudes umfangreiche Sanierungen vorgenommen wurden. Auch dazu müssen Sie also die Beschluss-Sammlung zu Rate ziehen und unter Umständen weitere Unterlagen bei der Verwaltung einsehen (z.B. Baubeschreibung).

Außerdem wichtig zu wissen: Eine vermietete Eigentumswohnung wird nur mit 90 Prozent ihres Wertes veranschlagt (§ 13d Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Der Wert der Wohnung bleibt bei der Berechnung der Erbschaftssteuer sogar komplett außen vor (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a und 4b), wenn es sich bei der Wohnung um ein vererbtes „Familienheim“ handelt. Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der oder die Erbende ist Ehegatte, Lebenspartner, Kind oder Enkel*in der Erblasser*in.
  • Die Erblasser*in hat die Wohnung bis zum Tode selbst genutzt – oder war an der Nutzung aus zwingenden Gründen gehindert (z.B. wegen Pflegeheimaufenthalt).
  • Der oder die Erbende nutzt die Wohnung unverzüglich selbst zum Wohnen.
  • Im Fall von Kind oder Enkel*innen als Erbende: Die Wohnfläche beträgt höchstens 200 Quadratmeter.

Allerdings fällt diese erhebliche Steuerbefreiung rückwirkend weg, wenn die Wohnung nicht mindestens zehn Jahre als Familienheim genutzt wird.

Keine Panik bei der Erbschaftsteuer: Wohnungsverkauf oft nicht nötig!

Falls durch das Erbe einer Wohnung Erbschaftsteuer fällig wird, weil keine Steuerbefreiung und auch keine hohen Freibeträge in Frage kommen, kann die Steuerlast durchaus sehr hoch sein, oft sogar in einem höheren 5-stelligen Bereich. Das kann die Zahlungsfähigkeit der Erbenden schnell übersteigen. Der Gesetzgeber hat allerdings Regelungen geschaffen, die verhindern sollen, dass Erbende die Wohnung verkaufen müssen, wenn sie die Erbschaftsteuer nicht zahlen können: Auf Antrag kann die Erbschaftssteuer dann bis zu zehn Jahre gestundet werden (§ 28 Abs. 3 ErbStG).

Weitere Informationen rund ums Thema "(Ver)erben und Schenken" lesen Sie als WiE-Mitglied in unserem kostenlosen Infoblatt, das Sie sich hier herunterladen können (bitte vorher erst auf der Website einloggen).