07.02.2022. Heizkessel für Öl und Gas, die vor 1992 eingebaut wurden, müssen in der Regel spätestens Ende dieses Jahres ausgetauscht werden. Lesen Sie hier die wichtigsten Informationen zur Austauschpflicht und ein Interview mit dem Energieberater Stephan Herpertz von der Verbraucherzentrale NRW zum Kessel- bzw. Heizungstausch.

Haben Sie eine alte Gas- oder Ölheizung in Ihrem Haus, sollten Sie jetzt prüfen, ob ihr Heizkessel vor 1992 eingebaut wurde. Dann muss er in der Regel bis Ende dieses Jahres ausgetauscht werden. Gesetzliche Grundlage ist das Gebäudeenergiegesetz, kurz GEG.

Das Alter des Kessels finden Sie in der Regel auf dem Typenschild, im Schornsteinfegerprotokoll oder in den Bauunterlagen.

Von der Austauschpflicht betroffen sind allerdings nur Konstanttemperaturkessel mit einer Nennleistung zwischen vier und 400 Kilowatt.

Folgende Ausnahmen (§§ 71 bis 73 des GEG) gelten:

- Niedertemperatur- und Brennwertkessel müssen nicht ausgetauscht werden.

- Haben Eigentümer*innen eine Wohnung in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten zum 1. Februar 2002 selbst bewohnt, dürfen sie ihre Heizung weiter betreiben, auch wenn es sich um Konstanttemperaturkessel handelt. Allerdings muss dann bei einem Eigentümerwechsel der Heizkessel ausgetauscht werden.

 

WiE: „Herr Herpertz, wie sollten Haus- und Wohnungseigentümer*innen jetzt vorgehen?“

Stephan Herpertz: „Sie sollten zunächst prüfen, ob ihr Heizkessel noch in diesem Jahr ausgetauscht werden muss. Wenn ja, sollten sie das Thema zügig angehen. Aber auch wenn dies noch nicht der Fall ist, sondern noch etwas mehr Zeit ist, sollte man sich schon einmal in Ruhe informieren und fachkundig beraten lassen – bevor die Heizung irgendwann kaputt geht (Hinweise zum Kesseltausch finden Sie u.a. bei der Verbraucherzentrale NRW). In dem Zusammenhang stellt sich natürlich heute die Frage, ob man auf eine Heizung auf Basis regenerativer Energien umsteigen möchte, statt einfach den Öl-Heizkessel auszutauschen. Dabei sollte man im Hinterkopf haben, dass ab 2026 der Einbau reiner Ölheizungen erheblich eingeschränkt wird.“

WiE: „Warum ist denn eine Heizung auf Basis regenerativer Energien zu empfehlen und welche Möglichkeiten gibt es?“

Stephan Herpertz: „Angesichts der stark gestiegenen Gaspreise und da auch die Ölpreise in Zukunft nicht günstiger werden, macht es auf jeden Fall Sinn, langfristig auf regenerative Energien umzustellen – auch um unabhängig von den politischen Entwicklungen und der weiter steigenden C02-Abgabe zu sein. Welches Heizsystem am besten gewählt wird, hängt allerdings vom Einzelfall und den jeweiligen Gegebenheiten ab. Eine 08/15-Lösung gibt es nicht. Hier ist eine fachkundige Beratung nötig, auch mit Blick auf eine mögliche Förderung (über die Bundesförderung Effiziente Gebäude , kurz BEG). Wer bisher eine Ölheizung hat, für die ist der Umstieg auf eine Pelletsheizung eine Option, eventuell in Kombination mit einer Solarthermieanlage. Der Platz im Keller, wo bisher der Heizöltank steht, kann dann als Lager für die Holzpellets dienen. Aber: Das Pelletslager sollte möglichst nahe am Heizkessel errichtet werden können. Ein weiterer Pluspunkt für die Pelletsheizung: Auf Holzpellets ist keine CO2-Abgabe fällig und die Bezugskosten für Pellets sind in den letzten Jahren relativ konstant geblieben, da sie in der Regel lokal erzeugt werden. Auch der Anschluss an ein Fernwärmenetz kann eine Option sein, vorausgesetzt an Ihrem Wohnort ist Fernwärme verfügbar. Wenn ja, sollten sich Eigentümer beim Fernwärmenetzbetreiber informieren, wie hoch der Anteil der regenerativ erzeugten Wärme im Fernwärme-Netz ist. Je nachdem, wie hoch dieser ist, kann dann der Umstieg über Fördermittel des Bundes unterstützt werden. Eine Gashybridheizung – also eine Gasheizung kombiniert mit einer Solarthermie oder kombiniert mit einer Luft-Wärmepumpe – ist meines Erachtens nur eine Notlösung, da man hierbei weiterhin abhängig vom fossilen Energieträger ist. Gleiches gilt für die Kombination aus neuem Öl-Brennwertkessel und dem Einbau einer Solarthermie.“

WiE: „Sind auch Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern eine Alternative?“

Stephan Herpertz: „ Ja, diese können auch in älteren Mehrfamilienhäusern eine sinnvolle Alternative sein. Hierfür muss man zunächst klären, ob zum Beispiel eine Erdbohrung auf dem Grundstück durchgeführt werden kann oder ob eine Luft-Wärmepumpe aufgestellt werden kann. Ziel für den Betrieb einer Wärmepumpenheizung muss sein, mit möglich wenig Strom möglichst viel Umweltwärme für die Beheizung des Gebäudes zu nutzen. Wesentliche Voraussetzung für deren effizienten Betrieb ist daher, dass die Vorlauftemperaturen im Heizkreis unter 50 Grad abgesenkt werden. Es gibt neben der Dämmung der Gebäudehülle (siehe unten) verschiedene Möglichkeiten dieses Ziel zu erreichen. Z.B. die Optimierung der Heizung über eine hydraulischen Abgleich oder/ und die Installation von sogenannten Niedertemperatur-Heizkörpern. Die Absenkung der Vorlauftemperatur sollte auch schon im Vorfeld überprüft werden. Auch die Optimierung einer Heizungsanlage ist förderfähig. Grundsätzlich bleibt man durch den Betrieb einer Wärmepumpenheizung abhängig vom Strompreis. Eine Photovoltaikanlage kann aber diese Abhängigkeit reduzieren.“

WiE: „Und mit welchen Kosten muss man grob rechnen?“

Stephan Herpertz: „Für ein Dreifamilien-Haus kostet eine Luftwärmepumpe ca. 30 bis 35.000 Euro, eine Erdwärmepumpe ca. 45.000 Euro, eine Gasheizung ca. 15.000 Euro, eine Pelletsheizung ab. 30.000 Euro, jeweils abzüglich der staatlichen Förderung. Die Förderung fällt je nach eingesetzter Technik unterschiedlich aus, sie kann sogar bis zu 55 Prozent betragen. Kostenschätzungen für größere Mehrfamilienhäuser muss man jeweils für den einzelnen Fall erstellen lassen.“

WiE: „Welche Rolle spielt denn die Dämmung eines Gebäudes beim Heizungstausch?“

Stephan Herpertz: „Grundsätzlich ist es so, dass man sich insbesondere bei älteren Bestandsgebäuden, d.h. mit einem Baujahr vor 1995, vor einer Heizungserneuerung immer auch Gedanken über die Wärmedämmung des Gebäudes machen sollte. Mit einer guten Wärmedämmung lässt sich nämlich die erforderliche Vorlauftemperatur des Heizungssystems reduzieren. Und je niedriger die Vorlauftemperatur ist, desto effizienter arbeiten Heizungen auf Basis regenerativer Energien. Daher ist es sinnvoll, im Vorfeld eine Energieberatung in Anspruch zu nehmen um ein Gesamtkonzept für das Gebäude zu entwickeln. Dies kann z.B. im Rahmen eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) erfolgen. In diesem wird aufgezeigt, wie Schritt für Schritt aus dem untersuchten Gebäude ein Effizienzhaus nach KfW-Standard gemacht werden kann. Eine Verpflichtung für die Umsetzung gibt es aber nicht. Wenn einzelne Maßnahmen aus dem iSFP umgesetzt werden, dann erhält man dann als Eigentümer*in für diese eine zusätzliche Bonus-Förderung.“

Weitere Hinweise und Informationen:

  • Informieren Sie sich vorab umfassend über die Vor und Nachteile der verschiedenen Energieträger und Heizsysteme.
  • Die Planung des Heizungstauschs Schritt für Schritt können Sie bei der Verbraucherzentrale NRW nachlesen.
  • Informationen zu den Fördermöglichkeiten des Bundes (Bundesförderung für effiziente Gebäude) finden Sie beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) oder bei der Verbaucherzentrale NRW.
  • Lesen Sie in dem Zusammenhang auch die aktuelle Forderung von WiE, Förderprogramme speziell für Wohnungseigentümer(gemeinschaften) einzurichten.
  • Bitte beachten Sie: Im Koalitionsvertrag der neuen Regierungskoalition ist zu lesen, das Gebäudeenergiegesetz solle so geändert werden, dass zum 1. Januar 2025 „jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden“ soll (Koalitionsvertrag, Seite 90).