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Österreich, Frankreich, Italien und Spanien sind die Vorreiter - Deutschland ein Nachzügler?

28.2.2017. Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Einführung eines Gesetzes zur Berufszulassung von Wohnungseigentums-Verwaltungen und nach Diskussionen mit WiE-MItgliedern hatte der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup beim Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages einem Vergleich der Rechtslage in Deutschland, Österreich, Großbritannien, Frankreich und Schweden in Auftrag gegeben. Pünktlich zum Gesetzgebungsverfahren und den Beratungen im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags liegt der Ländervergleich nun vor und wurde Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) zur Verfügung gestellt. Ergänzt um einige eigene Recherchen bestätigt der Ländervergleich, was WiE schon seit Jahren vorträgt: Länder mit ähnlichen Wohnungseigentumsstrukturen wie in Deutschland haben die Berufszulassung von Verwaltungen längst näher geregelt.

Nach der Zusammenstellung des Wissenschaftlichen Dienstes (WD7-3000-175/16) gibt es in Schweden und in Großbritannien so gut wie kein Wohnungseigentum. Während in Großbritannien ein System von Langzeitpachtwohnungen üblich ist, existieren in Schweden mehrheitlich Genossenschafts- oder Mietwohnungen.

Dagegen sind die Wohnungseigentumsstrukturen in Österreich und Frankreich mit denen in Deutschland nahezu vergleichbar. Ein wichtiger Unterschied: In beiden Ländern gibt es bereits gesetzliche Anforderungen an die Verwalterqualifikation:

Seit 2002 müssen Immobilienverwalter in Österreich ihre Befähigung, einen guten Leumund sowie das Fehlen von bestimmten Konkursen nachweisen. Als Befähigungsnachweis gelten verschiedene (Universitäts-, Berufsschul-)Abschlüsse in Kombination mit ein- oder zweijährigen fachlichen Tätigkeiten. Zur Ausübung des Gewerbes ist eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 400.000 € je Schadensfall bzw. 1,2 Mio Euro jährlich erforderlich. Nach einem Bericht der österreichischen Zeitung "Der Standard" vom 17.2.2017 ist für die konzessionierten Hausverwalter in Österreich seit Januar 2017 nun sogar eine Vertrauensschadensversicherung Pflicht, die Vorsatzdelikte (also Betrugsfälle, Veruntreuungen) bis zu einer Höhe von 2 Mio € abdeckt. Diese Versicherungspflicht betrifft alle Verwalter in Österreich mit gültiger Gewerbeberechtigung.

In Frankreich gibt es bereits seit 1965 Regelungen für die Tätigkeiten des Verwalters, die sukzessive erweitert wurden. Wählt die WEG einen Unternehmer als Verwalter, dann muss dieser drei Bedingungen erfüllen: Er arbeitet als Treuhänder und muss dazu

  • eine ausreichende finanzielle Absicherung nachweisen, um der WEG im Falle seines Konkurses ihre Gelder zurückzahlen zu können,
  • eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen,
  • einen Gewerbeausweis zur Immobilienverwaltung besitzen, ausgestellt von der jeweiligen Präfektur (die zuständig ist für die Reglementierung bestimmter Berufe).

Obwohl in Frankreich mehrheitlich große Unternehmen die WEG-Verwaltung durchführen, besteht auch dort die Möglichkeit, dass einzelne oder mehrere Miteigentümer die Aufgaben der WEG-Verwalter ehrenamtlich wahrnehmen.

Wohnen im Eigentum e.V. kann darüber hinaus ergänzen, dass es auch in Italien eine Berufszulassungsregelung gibt. Dort gilt seit August 2014 eine “Verordnung über die Kriterien und die Methoden zur Schulung von WEG-Verwaltern und deren obligatorische Fortbildung“ (D.M. 140/4014). Nach dieser müssen Verwalter Ausbildungskurse zur Eigentumsverwaltung absolvieren, um die für die Berufszulassung benötigten Testate zu erhalten, und sich regelmäßig in Kursen über die Materie der WEG-Verwaltung weiterbilden. Die Kurse müssen zertifiziert sein. Der nationale Verband der Kondominiums- und Immobilienverwalter (Associazione Nazionale Amministratori Condominiali e Immobiliari - ANACI), Sektion Bozen, Südtirol, nennt einen 75-stündigen Kurs als Berufsvoraussetzung und bietet selbst Kurse über 92,5 Stunden in 37 Abendveranstaltungen an.

Über Spanien ist WiE bekannt, dass im dortigen Wohnungseigentumsgesetz ausdrücklich auf die Qualifikation des Verwalters eingegangen wird. Er muss nach Art. 13 Abs. 6 WEG-ES über eine „ausreichende berufliche und gesetzlich anerkannte Qualifikation“ verfügen.

Und in Deutschland?

Bisher gibt es hierzulande noch keine Anforderungen an den Verwalterberuf. Jeder, der sich berufen fühlt, kann dieses Amt ausüben – soweit er eine WEG findet, die ihn bestellt. Da WEGs häufig nicht wissen, wie sie eine fachlich qualifizierte und engagierte Verwaltung finden können, war es bisher für viele berufliche Quereinsteiger kein Problem, in dieses „freie“ Berufsfeld einzusteigen. Frei nach dem Motto: Wer nichts wird, wird nicht Wirt, sondern Verwalter!?

Das soll sich zwar jetzt ändern. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt vor. Aber dieser ist noch in der politischen Diskussion - es gibt sogar noch Gegenstimmen - und er enthält aus Sicht von Wohnen im Eigentum e.V. noch zu viele Ausnahmen. Gegen diese Ausnahmen hat WiE schon verschiedenste Stellungnahmen abgegeben, politische Gespräche geführ und sich positioniert.

Fazit:

Die vom Wissenschaftlichen Dienst und von WiE zusammengetragenen Daten und Fakten ermöglichen zwar keinen Rechtsvergleich der verschiedenen gesetzlichen Anforderungen an den Verwalterberuf. Dazu liegen zu wenige Informationen vor, zumal eine Vorstellung des jeweiligen Wohnungseigentumsrecht erforderlich wäre, um die Bedeutung der Vorgaben einschätzen zu können. Aber die Informationen belegen, dass es gerade in den Ländern mit einem hohen Anteil an Eigentumswohnungen schon länger solche Vorgaben gibt. Deutschland ist also weder Vorreiter noch Pionier, sondern wohl eher Nachzügler, wenn es darum geht, einen Baustein für mehr Verbraucherschutz für Wohnungseigentümer einzuführen.

WiE appelliert daher an Sie als Wohnungseigentümer/in: Unterstützen Sie uns in unserem Engagement für die Verabschiedung des jetzt diskutierten Gesetzes, und zwar inklusive der von WiE und anderen Verbänden vorgeschlagenen Verbesserungen. Werden oder bleiben Sie Mitglied, um der Stimme von WiE bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss des deutschen Bundestags mehr Gewicht zu verleihen. Und geben Sie uns Argumente an die Hand, indem Sie an der aktuellen WiE-Umfrage zu Verwaltungsfehler-Kosten teilnehmen, damit WiE die Dringlichkeit dieser Berufszulassungsregelung mit Schadens-Daten belegen kann.

-> Hier geht es zur Umfrage.

-> Hier lesen Sie, warum Klaus Mindrup den Vergleich in Auftrag gegeben hat und warum er die Einführung eines Sachkundenachweises für Verwalter befürwortet.