Beitrag von Gabriele Heinrich, erschienen in den BAGSO-Nachrichten 04/2016, Seite 36/37

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Beim Kauf einer Eigentumswohnung keine Knebel-Klauseln unterschreiben!

 

Betreutes Wohnen – auch Service-Wohnen genannt – ist ein Markt mit sehr unterschiedlichen Angeboten. Bevor Senioren sich eine entsprechende Wohnung kaufen, sollten sie sich über Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle informieren. Was entspricht den persönlichen Bedürfnissen? Ist ein Angebot mit Pflege-Schwerpunkt gewünscht? Oder benötigen sie in der Wohnung nur wenige Unterstützungsleistungen, gar bloß zusätzlichen Komfort? Welcher Service garantiert wird, aber auch welche Pflichten und Kosten auf die Wohnungseigentümer zukommen, geht oft aus der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung des Wunschobjekts hervor.

 

Wohnen im Eigentum e.V. warnt vor konfliktträchtigen Teilungserklärungen

Einer der wichtigsten Ratschläge des Vereins Wohnen im Eigentum e.V. (WiE) für Wohnungskäufer lautet daher: Prüfen Sie nicht nur den Kaufvertrag, sondern auch die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentumsanlage! Diese Urkunden sind das „Kleingedruckte“ bei Wohnungskaufverträgen. In ihnen sollten sich keine Regelungen finden, welche die Wohnungseigentümer benachteiligen und über Jahre knebeln.

„Wir wissen von Fällen, bei denen sich Bauträger mit Betreuungsunternehmen zusammentun und den Notar schon in die Teilungserklärung schreiben lassen, dass alle Wohnungseigentümer in dem Haus einen Betreuungsvertrag mit genau diesem Unternehmen abschließen müssen“, sagt WiE-Referentin Sabine Feuersänger. „Stellt sich die Firma später als teuer oder unzuverlässig heraus, werden Kündigungen mit Verweis auf die Teilungserklärung zurückgewiesen. Und weil die Teilungserklärung im Grundbuch eingetragen ist, scheuen einzelne Wohnungseigentümer oder die Eigentümergemeinschaft dann den rechtlichen Konflikt.“

Kein Wunder: In einem Fall aus dem Raum Mainz stritt ein Ehepaar jahrelang vor Gericht. Die in ihrer Teilungserklärung enthaltene Verpflichtung, einen Betreuungsvertrag mit einem bestimmten Unternehmen und einer zeitlichen Bindung von mehr als zwei Jahren abzuschließen, beurteilte erst der BGH als unwirksam (Az. V ZR 289/05).

 

Der Eigentümergemeinschaft muss Entscheidungsspielraum bleiben

Eine gute Teilungserklärung schafft hingegen Rechtssichererheit und übervorteilt die Wohnungseigentümer dennoch nicht. „Wird eine Eigentumswohnungsanlage für den Zweck des Betreuten Wohnens errichtet, darf und sollte das natürlich auch so in der Teilungserklärung stehen“, führt Feuersänger weiter aus. „Doch welches konkrete Unternehmen den Betreuungsservice dann zu welchen Konditionen gewährleistet, muss den Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft überlassen bleiben, die darüber dann bei Bedarf neu entscheiden kann.“

 

Welche weiteren Fallstricke in Teilungserklärungen lauern und welche Hilfestellungen es für die Prüfung gibt, erfahren Wohnungskäufer im WiE-Ratgeber "Das Miteinander gebacken bekommen“: kostenfreier PDF-Download.