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Gesunder Menschenverstand siegt über Paragraphenreiterei / Wohnen im Eigentum e.V. begrüßt, dass Teilungserklärungen sachgerecht auslegt werden dürfen

16.8.2016. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann auf einer sachgerechten Auslegung ihrer Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung bestehen, auch wenn sich ein Miteigentümer an den Wortlaut klammern will. Das hat der BGH in einem aktuellen Urteil entschieden (BGH, 13.5.2016, Az. V ZR 152/15). Wohnen im Eigentum e.V. begrüßt dieses Urteil. "Wohnungseigentümer brauchen veraltete Teilungserklärungen also nicht aufwendig zu ändern, wenn es eine offenkundig sachgerechte Konfliktlösung gibt", sagt Rechtsanwalt Alexander J. Schmitz-Elsen. "Das nimmt hoffentlich solchen Eigentümern den Wind aus den Segeln, die ihre eigenen Interessen mithilfe von Paragraphenreiterei gegen die Miteigentümer durchsetzen wollen, selbst wenn das jedem gesunden Menschenverstand widerspricht."

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um eine WEG mit 12 Wohnungen und einer Teileigentumseinheit im Keller mit Räumen für Sauna/Solarium/Fitness. In der Gemeinschaftsordnung hieß und heißt es dazu, dass

  • alle Eigentümer und Bewohner der WEG diese Einrichtungen im Kellergeschoss mitbenutzen dürfen und im Gegenzug
  • alle Betriebskosten der WEG nach dem Verhältnis der in der Teilungserklärung festgelegten Nettoflächen umgelegt werden, wobei die Räume für Sauna/Solarium/Fitness nicht zu beteiligen sind.

Im Jahr 2006 kündigte die WEG den Nutzungsvertrag über Sauna & Co. Seither dienten die Räume der Teileigentümerin als Lager. Dennoch weigerte sie sich, sich nun gemäß der Fläche der Lagerräume an den Betriebskosten der WEG zu beteiligen. Der Wortlaut der Gemeinschaftsordnung sähe dies nicht vor. Daufhin verlangten die Wohnungseigentümer von der Teilungseigentümerin, einer Änderung der Gemeinschaftsordnung zuzustimmen: Nach nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG besteht nämlich ein gesetzlicher Anspruch auf Änderung, wenn „ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen (…) unbillig erscheint“.

Nicht nötig, entschied der BGH: Im vorliegenden Fall sei die Gemeinschaftsordnung so zu verstehen, dass die Räume „Sauna/Solarium/Fitness“ nur dann, nur so lange und nur insoweit von der Kostenbeteiligung befreit sind, wie sie auch tatsächlich allen Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft für eine solche Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Diese (ergänzende) Auslegung der Gemeinschaftsordnung habe Vorrang vor einer Anpassung. Die auf die Anpassung der Teilungserklärung gerichtete Klage wäre daher verloren gegangen, wenn die Kläger nicht einen Hilfsantrag auf die Feststellung des rechtlichen Inhalts der Teilungserklärung gestellt hätten. Dieser Kniff rettete die Kläger zum „Preis“ von 1/5 der Verfahrenskosten.

→ Was WEGs tun können, um Konflikte aus einer veralteten Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung zu lösen, hat Wohnen im Eigentum e.V. in einem PDF-Ratgeber zusammengestellt. Kostenfreier Download: https://www.wohnen-im-eigentum.de/gemeinschaftsordnung

Wohnen im Eigentum e.V. ist bundesweit aktiv und der einzige Verbraucherschutzverband, der speziell die Wohnungseigentümer vertritt. Parteipolitisch neutral und unabhängig engagiert sich WiE für ihre Interessen und Rechte in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Politik und Wirtschaft. WiE fordert mehr Verbraucherschutz und Markttransparenz auf dem Bau-, Wohnungs- und Wohnmarkt. Seine Mitglieder unterstützt WiE unter anderem mit kostenfreier Telefonberatung durch Rechtsanwälte und Architekten sowie weiteren Beratungsdienstleistungen rund um die Themen Eigentumswohnung, Bauen und Modernisieren.