11.01.2019. Wie schwierig es sein kann, den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls anfechtungssicher zu beschließen, zeigt Ihnen der Fall einer Altbau-WEG in Hamburg. Das Landgericht Hamburg erklärte den Beschluss über diese barrierereduzierende Maßnahme wegen formaler Fehler für ungültig, obwohl dieser wie für Modernisierungen gesetzlich vorgeschrieben mit doppelt qualifizierter Mehrheit gefasst worden war. Damit ist das Vorhaben, in das die Eigentümer viel Planungsaufwand und Herzblut gesteckt hatten, vorerst gescheitert.

Damit ist das Vorhaben, in das die Eigentümer viel Planungsaufwand und Herzblut gesteckt hatten, vorerst gescheitert.

Fünf Seniorenpaare hatten mit Blick auf zunehmende Altersbeschwerden in einem nicht denkmalgeschützten Gründerzeitbau mit insgesamt 17 Parteien die Nachrüstung eines Innenaufzugs angeregt. Das Projekt wurde nach fast zweijähriger, von vielen Diskussionen unter den Eigentümern geprägten Vorbereitungsphase im Oktober 2014 mit der für Modernisierungen nach § 22 Abs. 2 WEGesetz gesetzlich vorgeschriebenen doppelt qualifizierten Mehrheit beschlossen. Die unterlegene Minderheit der Wohnungseigentümer – vier Parteien aus dem Hochparterre und erstem Stock –  ging mit einer Anfechtung gegen den Beschluss vor, obwohl  sie von den Anschaffungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten frei gestellt worden war. 

In zweiter Instanz erklärte das Landgericht Hamburg den Beschluss aufgrund formaler Fehler für ungültig (Urteil vom 19.09.2018, Az. 318 S 71/17). Es sah zwar keine sachlichen Gründe, die gegen den nachträglichen Aufzugeinbau sprechen. Das Projekt lasse keine unzumutbaren Beeinträchtigungen erkennen. Auch werde durch den geplanten Innenaufzug die Eigenart der Wohnanlage nicht verändert. Außerdem sei die Nachrüstung eines Aufzugs in einem Altbau eine Modernisierungsmaßname und dürfe daher mit doppelt qualifizierter Mehrheit – wie erfolgt – beschlossen werden.

Dennoch dürfe der Beschluss der Eigentümerversammlung nicht umgesetzt werden, weil die Eigentümerversammlung für drei in dem Gesamtbeschluss enthaltene Unterbeschlüsse gar keine Beschlusskompetenz gehabt habe. Diese Inhalte hätten einer Vereinbarung aller Eigentümer bedurft.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung beinhaltete nämlich, dass jeder Wohnungseigentümer, der den Aufzug nutzen will, sich an der  Finanzierung zu beteiligen hat.  Wenn der Aufzug nur zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehe, werde diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt. Die übrigen Wohnungseigentümer würden vom Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen. Ein Sondernutzungsrecht kann aber nicht durch einen Mehrheitsbeschluss eingeräumt werden, so das Gericht.

Weiter wurde vom Landgericht bemängelt, dass auch die Befreiung der sich nicht beteiligenden Wohnungseigentümer von den in der Zukunft anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten des Fahrstuhls nicht durch Mehrheitsbeschluss erfolgen kann, sondern ebenfalls nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer.

Dies gelte angesichts der Kosten der Maßnahme auch für die Delegation der Auftragsvergabe an die WEG-Verwaltung und den Verwaltungsbeirat, so das Gericht. Die Eigentümerversammlung hatte die Entscheidung zwischen zwei Anbietern der Verwaltung zusammen mit dem Beirat übertragen, statt über die Auftragsvergabe zu beschließen.

Umfassende Beratung im Vorfeld hilfreich

Das heißt für Sie: Wenn Ihre WEG ein ähnliches Vorhaben plant, ist es kritisch, einzelne Eigentümer von der Aufzugsnutzung und den Folgekosten auszuschließen. Auch wenn nicht eindeutig feststeht, wie ein anderes Gericht einen solchen Fall sehen würde: Auf der sicheren Seite sind Sie wohl nur, wenn ein neu eingebauter Aufzug wie jedes Gemeinschaftseigentum von allen Eigentümern bezahlt wird und genutzt werden kann. Zu allen anderen Konstruktionen lassen Sie sich jedenfalls vorab rechtlich beraten.

Lesen Sie hier ein Interview mit einem der Eigentümer, die den Fahrstuhleinbau initiiert hatten.