11.08.2022. Das vom Bundestag am 07.07.22 beschlossene „Osterpaket“, darunter das „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“, wird voraussichtlich überarbeitet. Als Teil des Gesetzespakets wurde ein Entschließungsantrag verabschiedet – der die Bundesregierung unter anderem auffordert, in Bezug auf die Erzeugung von Solarstrom einen Vorschlag für eine Erweiterung der Eigenverbrauchsdefinition vorzulegen. Diese und weitere Punkte hatte Wohnen im Eigentum immer wieder gefordert.

Wohnen im Eigentum hatte bereits im März eine Stellungnahme zum Referentenentwurf des "Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien etc." und später eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben und Änderungen gefordert, die in Bezug auf Photovoltaikanlagen zur Vereinfachung der Eigenstromversorgung für Wohnungseigentümer*innen und WEGs notwendig sind. Die Position von WiE: Die besondere Rechtssituation der Wohnungseigentümer*innen erfordert eine „Sonderbehandlung“ im Gesetz. Die Forderungen von WiE wurden nicht umgesetzt, was WiE deutlich kritisiert hat (Pressemitteilung). Angesichts der fehlenden Berücksichtigung des Wohnungseigentums im jetzigen Gesetzespaket bleibt Wohnen im Eigentum dabei, dass Gesetzesänderungen zur Vereinfachungen der Eigenstromversorgung für Wohnungseigentümer*innen und WEGs notwendig sind. Ergänzend ist auch die Schaffung von KfW-Förderprogrammen und spezieller Beratungsprogramme gezielt für WEGs erforderlich, um die Wohnungseigentümer*innen für die Energiewende und Gebäudesanierung zu mobilisieren.

Der Entschließungsantrag (Bundestags-Drucksache 20/2580, S. 9 f.) enthält keine detaillierten Vorschläge, es handelt sich um allgemeine Forderungen des Bundestags an die Bundesregierung. Entschließungsanträge sind dazu gedacht, dass der Bundestag seine Position begleitend zu einem Gesetzesvorhaben darstellt und die Bundesregierung auffordert, etwas Bestimmtes zu tun, sozusagen der Regierung "Hausaufgaben" aufgibt. Allerdings ist die Entschließung rechtlich nicht verbindlich. Unter anderem wird gefordert:

  • Die Bundesregierung soll beim Solarstrom einen Vorschlag für eine Erweiterung der Eigenverbrauchsdefinition vorlegen, die es Stromverbraucher*innen ermöglicht, den in der Wohnanlage erzeugten Strom im Wege des Eigenverbrauchs zu beziehen (Seite 10, Ziff. 2 (4)).
    Bisher liegt Eigenverbrauch nur dann vor, wenn Strom von derselben Person verbraucht wird, die ihn auch erzeugt. Das ist bei Wohnungseigentümergemeinschaften nicht der Fall, wenn die WEG z.B. mit der auf dem Dach installierten Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) Strom in die Wohnungen liefert. Die WEG und die Wohnungseigentümer*innen bzw. Mieter*innen sind unterschiedliche Personen. Das hat zur Folge, dass die WEG einem Stromversorgungsunternehmen mit umfangreichen Melde-, Informations- und Steuerpflichten gleichgesetzt wird. Das wurde von WiE umfassend kritisiert mit der Forderung, die Personenidentität gesetzlich zu definieren und die Stromlieferung der WEG an die Wohnungsnutzer in diese Definition einzuschließen. Diese Kritik soll offenbar aufgegriffen werden.
     
  • Der Vorschlag der Bundesregierung soll gleichzeitig das Recht auf freie Lieferantenwahl wahren. Damit ist gemeint, dass es Eigentümer*innen und Mieter*innen weiter möglich sein soll, anstelle des in der Wohnanlage produzierten Stroms Verträge mit externen Stromanbietern zu schließen (Seite 10, Ziff. 2 (4)).
    Bisher schließen Mieter*innen selbst die Verträge mit ihren Stromlieferanten und können sich frei entscheiden, ob die von der WEG erzeugtem Strom kaufen oder von einem Versorgungsunternehmen.
    Damit sich die Investition in eine PV-Anlage lohnt, muss die WEG bzw. die sich beteiligenden Wohnungseigentümer*innen aber die Sicherheit haben, dass der Strom in den Wohnungen auch abgenommen wird. WiE hat hierzu Vorschläge unterbreitet, wie sowohl die Investitionssicherheit der Eigentümer*innen als auch die Interessen der Mieter*innen in Einklang gebracht werden können. Es bleibt abzuwarten, welche Vorschläge die Bundesregierung machen wird.
     
  • Die Bundesregierung soll prüfen, wo Hemmnisse beim „Energysharing“ bestehen und Vorschläge für deren Beseitigung unterbreiten (Seite 10, Ziff. 2 (5)). Der Begriff "Energysharing" geht zurück auf die englische Version des Art. 22 Abs. 2 b) Erneuerbare Energien Richtlinie (RL 2018/2001 EU). Er bezeichnet als Oberbegriff alle Varianten von Gemeinschaften, die erneuerbare Energien produzieren und die von den Mitgliedern der Gemeinschaft verbraucht werden. Darunter fällt also insbesondere die Produktion von Solarstrom durch die WEG und der Verbrauch in den Wohnungen.
    Der Prüfungsauftrag an die Bundesregierung wird als allgemeine Aufforderung zu verstehen sein, bürokratische Hürden abzubauen.
     
  • Die Bundesregierung soll prüfen, wo unnötige steuerrechtliche Hemmnisse für den Ausbau kleiner PV-Anlagen bestehen und Vorschläge für deren Beseitigung unterbreiten. Insbesondere will die Ampelkoalition hier eine Anhebung der „Unerheblichkeitsschwelle“ von 10 kWp auf 30 kWp in den Blick genommen haben (Seite 10, Ziff. 2 (7)).
    Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass für kleine Anlagen keine Einkommens- und Gewerbesteuerpflicht mehr bestehen soll. Das dürfte die Rentabilität für kleine WEGs fördern, soweit der produzierte Strom an Dritte verkauft wird, ist also grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Vorrangig sollte aber (s.o.) die Herstellung der Personenidentität sein. Dann besteht sowieso keine Einkommensteuerpflicht.
     
  • Die Bundesregierung soll prüfen, wo unnötige Hemmnisse für die Installation von Balkon-PV-Anlagen bestehen und Vorschläge für deren Beseitigung unterbreiten. (Seite 11, Ziff. 2 (8))
    Dieses Ansinnen wird von WiE sehr begrüßt. Mit Balkon-PV-Anlagen kann jede*r Mieter*in und jede*r Eigentümer*in einen kleinen Beitrag zur Eigenversorgung leisten und damit das öffentliche Stromnetz entlasten, sofern die Lage des Balkons geeignet ist. Es muss hier aber im Blick behalten werden, dass Balkon-PV-Anlagen – wenn sie an der Fassade angebracht und sichtbar sind – eine optische Beeinträchtigung darstellen können. Um die Installation dieser Geräte zu fördern, sollten sie deshalb ausdrücklich als privilegierte Maßnahmen im Sinne des § 20 Wohnungseigentumsgesetz bezeichnet werden.

Wohnen im Eigentum hofft, dass diese Forderungen des Rechtsausschusses und Deutschen Bundestags nun vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Sinne der Wohnungseigentümer*innen und WEGs bearbeitet und praxisnahe gesetzliche Regelungen entwickelt werden.