11.08.2022. Gerade mit Blick auf die künftige Sicherheit der Gasversorgung und angesichts stark gestiegener Preise für fossile Brennstoffe stellen sich in WEGs Fragen zur energetischen Sanierung. Maßnahmen wie Außenwanddämmung, Heizungsaustausch oder Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien sind kostenintensiv und erfordern aufgrund ihrer Komplexität in der Regel mehrere Beschlüsse und sehr viel Abstimmung innerhalb einer WEG (siehe hierzu auch den Sanierungsfahrplan für WiE auf Seite 99 im Ratgeber „Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen“. Um diese Phase als Gemeinschaft erfolgreich gemeinsam zu bewältigen und zu einem Ergebnis zu kommen, mit dem alle „leben können“, ist vor allem eines wichtig – eine gute Kommunikation. Doch wie kann das in der Wohnungseigentümergemeinschaft gelingen? WiE führt dazu regelmäßig Online-Veranstaltungen für seine Mitglieder durch. Aus den dort entstandenen Diskussionen hat WiE 5 Tipps für Sie abgeleitet.

Tipp 1: Nehmen Sie einen anderen Blickwinkel ein

In einer WEG gibt es eine Vielzahl an Menschen mit ganz eigenen Persönlichkeiten. Sie alle haben unterschiedliche Erfahrungen und Kenntnisse, Werte und Ansichten, Ziele und finanzielle Ressourcen.

Daraus entstehen Konfliktpotenziale, durch die sich eine Diskussion zu einem Sachthema schnell festfahren kann. Helfen kann es, sich selbst einmal zu hinterfragen, indem man einen anderen Blickwinkel einnimmt – und versucht, andere Sichtweisen zu verstehen und nachzuvollziehen.

Ein Beispiel, das in einem WiE-Online-Vortrag besprochen wurde: In einer WEG wurde vorgeschlagen, eine Windkraft-Anlage zur Erzeugung von Öko-Strom aufstellen zu lassen. Eine ältere Wohnungseigentümerin war zunächst dagegen. Erst als andere Eigentümer*innen nachfragten, wurde klar, was hinter ihrer Ablehnung stand: Sie sei dafür zu alt. Eine solche Investition lohne sich nicht mehr für sie. Darauf angesprochen, dass doch ihre Kinder sich bestimmt darüber freuen würden, wenn zukünftig Windkraft statt fossiler Brennstoffe für die Stromnutzung genutzt werden würde, brachte sie zum Nachdenken. Später änderte sie ihre Meinung, unterstützte die Maßnahme und galt in ihrer Familie fortan als sehr fortschrittlich.

Tipp 2: Bleiben Sie sachlich, auch wenn es schwerfällt

Jeder kennt den Spruch: Wie man in den Wald hineinruft, schallt es auch wieder hinaus. Trotzdem fällt es uns manchmal schwer, unsere Anliegen reflektiert und sachlich zu äußern, besonders wenn wir emotional angesprochen oder von unserer Sichtweise sehr überzeugt sind. Versuchen Sie trotzdem, Ihre Emotionen und den Gesprächsgegenstand voneinander zu trennen und auf den Kern der Sache zurückzukommen. Mit überlegtem und freundlichem Auftreten werden Sie Ihr Anliegen besser vermitteln können. Auch Ihr Gegenüber wird dann eher geneigt sein, sachlich zurück zu kommunizieren.

Tipp 3: Nehmen Sie die Sache nicht persönlich

Falls Miteigentümer*innen oder die Verwaltung emotional oder gar aggressiv auftreten, nehmen Sie diese Äußerungen nicht persönlich, sondern versuchen Sie konsequent, das Thema immer wieder auf die Sachebene zurückzuführen. Falls Diskussionen sehr festgefahren sind oder in Ihrer WEG eine dauerhafte Lagerbildung entsteht, kann es sinnvoll sein, die professionelle Unterstützung einer Mediator*in in Anspruch zu nehmen. Auch nur für eine oder wenige Stunden, um den Knoten zu lösen.

WEGs sind ein eigenes Kommunikationsnetzwerk
©Bild von Gordon Johnson auf Pixabay

Tipp 4: Lassen Sie Raum für Diskussion

Sie sind Fachfrau oder Fachmann, z.B. Architekt und kennen sich mit den Möglichkeiten der energetischen Sanierung bestens aus? Dann denken Sie bitte daran, dass Ihre Miteigentümer*innen in der Regel nicht über solch eine Expertise verfügen, aber möglicherweise trotzdem etwas dazu sagen möchten.

Auch wenn Sie dank ihrer Expertise vielleicht alle Argumente in der Hand haben und aus Ihrer Sicht gar kein Diskussionsbedarf (mehr) besteht: Raum und Platz, dass andere Eigentümer*innen ihre Gedanken äußern können, sollte es trotzdem geben. Sonst laufen Sie Gefahr, dass andere sich zukünftig gar nicht mehr äußern – auch nicht zu Themen, bei denen Sie vielleicht kein Experte sind - oder ein Vorhaben sogar boykottieren.

Tipp 5: Seien Sie sich bewusst: Bei Mehrheitsentscheidung gibt es auch „Verlierer*innen“

Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz reicht für das Zustandekommen von Beschlüssen immer die einfache Mehrheit aus, Beschlüsse kommen in der Regel also einfacher zustande als nach der alten Gesetzeslage. Vor dem Hintergrund sollten Sie aber stets im Hinterkopf haben: Mehrheitsentscheidungen sind nicht einvernehmlich – es gibt eben auch diejenigen, die gegen die Maßnahme waren oder die sich enthalten haben.

Hier kann man viel für das gute „Miteinander“ in der WEG tun. Ein erster Schritt wäre, mehrheitlich gefasste Beschlüsse nicht als Sieg zu feiern. Darüber hinaus macht es Sinn, ablehnenden Haltungen auch nach der Beschlussfassung nachzugehen, falls das nicht bereits vor der Beschlussfassung gelungen ist. Also die Nein-Sager anzusprechen, zu Ihrer ablehnenden Haltung zu befragen. Zum einen können Sie dann vielleicht besser verstehen, welche Motivation dahinter steckte und diese in irgendeiner Form doch noch etwas zu berücksichtigen. Zum anderen haben Sie über das Gespräch noch einmal die Chance, Sinn und Nutzen des Vorhabens aus Ihrer Sicht zu vermitteln.

Tipp 6: Kommunizieren Sie auch außerhalb der Eigentümerversammlung (ETV)

Vielleicht kam es bei Ihnen auch schon vor: Eine der Miteigentümer*innen ist in der Eigentümerversammlung immer still und stimmt bei großen Umgestaltungsmaßnahmen, die eventuell die Rücklagen der WEG überschreiten, stets mit „Nein“?

Möglicherweise ist die Eigentümer*in finanziell nicht genügend abgesichert ist, um die Vorhaben der WEG mittragen zu können. Schamgefühle und Existenzängste können damit einher gehen. Kommunizieren möchte man diese Sorgen in der Eigentümerversammlung nicht.

Nicht nur in diesem Fall empfiehlt WiE: Suchen Sie vor und nach der Eigentümerversammlung das persönliche Gespräch. So können Sie die anderen besser verstehen, unter der Oberfläche Schwelendes kann ausgesprochen werden und sie können informell schon einmal weitere Vorhaben vorbesprechen - in der Eigentümerversammlung ist hierfür in der Regel keine Zeit. Dies bestätigen viele Rückmeldungen unserer Mitglieder, die in ihrer WEG einen virtuellen oder persönlichen Austausch außerhalb der Eigentümergemeinschaft praktizieren.

Lesen Sie hierzu gerne unter anderem den Erfahrungsbericht von Ingrid S. und den Bericht von Eva Maria Keuchel.