15.03.2022. Die offene und für alle sichtbare Wahl des Verwaltungsbeirats führt oft dazu, dass sich einzelne Wohnungseigentümer*innen verpflichtet sehen, für bestimmte Kandidaten zu stimmen. WiE zeigt, wie der Verwaltungsbeirat in geheimer Abstimmung gewählt wird, damit Wahlentscheidungen nicht aus sozialem Druck heraus getroffen werden.

1. Regelung über geheime Wahl in Gemeinschaftsordnung?

Das Wohnungseigentumsgesetz sieht eine geheime Wahl des Verwaltungsbeirats nicht vor. Diese kann aber in der Gemeinschaftsordnung vereinbart werden. Werfen Sie daher zuerst einen Blick in Ihre Gemeinschaftsordnung, ob dort Vereinbarungen zur Wahl des Verwaltungsbeirats bzw. zu Abstimmungsmodalitäten getroffen worden sind.

2. Regelung über geheime Wahl durch Mehrheitsbeschluss getroffen?

Ist dies nicht der Fall, besteht auch die Möglichkeit, dass die Eigentümerversammlung per Mehrheitsbeschluss über die Art der Abstimmung entschieden hat. Sehen Sie daher Ihre Beschlusssammlung durch, ob bereits ein entsprechender Beschluss getroffen worden ist.

3. Geschäftsordnungsantrag

Ist die geheime Wahl des Verwaltungsbeirats nicht in der Gemeinschaftsordnung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt, kann ein Geschäftsordnungsantrag auf Durchführung der Wahl des Verwaltungsbeirats in geheimer Abstimmung gestellt werden. Der Geschäftsordnungsantrag kann auch noch in der Eigentümerversammlung gestellt werden und muss mehrheitlich beschlossen werden.

4. Richtige Stimmzettel

Achten Sie darauf, dass die Versammlungsleiter*in, meist die Verwalter*in, die Stimmzettel richtig vorbereitet hat. Die Stimmzettel müssen daher die Möglichkeit bieten, dass bei jeder Kandidat*in entweder „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ angekreuzt werden kann.

Achtung! Wenn diese Vorgaben nicht eingehalten werden, kann die Wahl zu falschen Ergebnissen führen und damit insgesamt anfechtbar sein.

5. Durchführung der geheimen Wahl

a.) Abstimmung nach dem Kopfprinzip

Einfach gestaltet sich die Durchführung einer geheimen Wahl, wenn das vom Gesetz in § 25 Absatz 2 Satz 1 Wohnungseigentumsgesetz grundsätzlich vorgesehene Kopfprinzip gilt – dann bekommt jede Eigentümer*in einen Stimmzettel, auf dem sie ihre Wunschkandidaten ankreuzt. Ob in Ihrer WEG nach dem Kopfprinzip abzustimmen ist, also jede Eigentümer*in eine Stimme hat, ergibt sich aus Ihrer Teilungserklärung.

b.) Abstimmung nach dem Objektprinzip oder nach dem Wertprinzip

Komplizierter wird es, wenn die Teilungserklärung eine Abstimmung nach der Anzahl der einer Eigentümer*in gehörenden Wohnungen vorsieht (sog. Objektprinzip) oder nach der Anzahl der Miteigentumsanteile (sog. Wertprinzip). Denn bei einer Wahl nach der Anzahl der Wohnungen haben Eigentümer*innen, denen mehrere Wohnungen gehören, grundsätzlich für jede Wohnung ein Stimmrecht, sodass sie dementsprechend mehrere Stimmzettel ausfüllen müssen, wobei das Stimmrecht hierbei nur einheitlich ausgeübt werden kann. Dies sehen die anderen Eigentümer*innen natürlich, zumal diese in der Regel ohnehin wissen, wem wie viele Wohnungen gehören, sodass unter Umständen anhand des Abstimmungsergebnisses Rückschlüsse auf die Wahlentscheidungen von einzelnen Eigentümer*innen möglich sind.

Bei einer Abstimmung nach Miteigentumsanteilen müssen die Anteile auf dem Stimmzettel vermerkt sein, da sonst keine zutreffende Auszählung möglich ist. Da von der Höhe der Anteile Rückschlüsse auf die Person gezogen werden können, welche die Stimme abgegeben hat, werden zumindest bei der Auszählung der Stimmzettel auch in diesem Falle die Grundsätze einer geheimen Wahl durchbrochen.

Denn die Durchführung einer geheimen Wahl erfordert nicht nur, dass die Stimmabgabe beim eigentlichen Wahlvorgang unbeobachtet erfolgen kann, sondern es muss auch gewährleistet sein, dass das Wahlergebnis nicht einer bestimmten Person zugeordnet werden kann – was bei der Abstimmung nach der Anzahl der Wohnungen oder der Miteigentumsanteile der Fall sein kann.

Selbst jedoch, wenn die Wahl bei einer Abstimmung nach Miteigentumsanteilen oder nach Anzahl der Wohnungen nicht alle Grundsätze einer geheimen Wahl erfüllt, ist sie immer noch „geheimer“ als eine vollständig offene Wahl, sodass dieser jedenfalls der Vorzug gegenüber einer offenen Wahl zu geben ist.

Eine Person ist zum Beiratsmitglied ist gewählt – hier gilt dasselbe wie bei anderen Beschlüssen auch – wenn sich die einfache Mehrheit für den Kandidaten oder die Kandidatin ausspricht, d.h. es gibt für diese Person mehr JA- als NEIN-Stimmen, berechnet nach dem jeweils anzuwendenden Stimmprinzip.

WiE hat während des Gesetzgebungsverfahrens zur WEG-Reform einen Rechtsanspruch auf geheime Wahl gefordert. Dem ist der Gesetzgeber allerdings nicht gefolgt.

Weitere Hinweise:

  • Nähere Informationen zu den Pflichten des Beirats lesen Sie in unserem WiE-Ratgeber "Das neue Wohnungseigentumsgesetz für Wohnungseigentümer*innen" (als Mitglied bitte vor der Bestellung auf der Website einloggen!). In Kapitel 1.4 (ab Seite 40) werden die höchst unterschiedlichen Rollen des Beirats erläutert und die Gestaltungsspielräume des Beirats dargestellt sowie konkrete Aufgaben und das dafür erforderliche Werkzeug aufgezeigt.
  • Was sich durch das neue WEGesetz für das Amt des Verwaltungsbeirats geändert hat und was Sie zum Thema Haftung und Versicherung wissen sollten, erläutert Michael Nack, Rechtsreferent bei WiE, im Gespräch.